Michael Brückner
Die Giftpfeile im Köcher des Mainstreams
Was passiert, wenn sich das Staatsvolk zunehmend von »dem Staat« entfernt, obwohl beides doch zusammengehört? Wenn den Eliten in den Ministerien, den Parteien, den Redaktionen der öffentlich-rechtlichen Medien und in den führenden Organisationen und Verbänden unversehens gewahr wird, dass sich immer mehr Menschen von ihnen abwenden und sich aus alternativen Medien informieren? Ganz einfach: Der kritische Teil der Menschen wird diffamiert und stigmatisiert.
Dabei bedienen sich die Repräsentanten der um ihre so sicher geglaubten Posten fürchtenden Eliten in der Regel bestimmter Begriffe, die leider immer noch bei einer Vielzahl von Bürgern geradezu Pawlowsche Reflexe hervorrufen. Es sind meist die gleichen Giftpfeile, die abgeschossen werden und die zwar längst nicht immer, aber doch in vielen Fällen ins Ziel treffen. So schaffen es auf wundersame Weise an sich inhaltsleere Begriffe und Floskeln oft genug, die Menschen zu manipulieren. Hier zehn Beispiele aus dem Arsenal der führenden Schmäh- und Stigmatisierungsbegriffe – und was von ihnen zu halten ist.
Populismus: Am wirkungsvollsten, wenn er mit dem Begriff »Rechts« kombiniert wird, also Rechtspopulismus. Linkspopulismus hingegen wird selten angeprangert, weil viele, die von Rechtspopulismus sprechen, eben als Linkspopulisten Karriere gemacht haben. Der legendäre deutsche Sprachkritiker Wolf Schneider wundert sich: »Demokratie heißt Volksherrschaft. Und populus Volk. Wo ist der Vorwurf?« Das fragte Schneider vor über zwei Jahren. Er dürfte sich noch immer wundern, denn der Begriff (Rechts-)Populismus wird inflationär mit dem Ziel der Diffamierung gebraucht. Wer gegen unkontrollierte Zuwanderung eintritt, wer die eigentlich selbstverständliche Meinung vertritt, dass ein Bürger auch am späten Abend noch angstfrei mit der U-Bahn unterwegs sein darf, wer die Nase voll hat von der selbstherrlichen Attitüde der EU-Bonzen, die er mit seinem Steuergeld auch noch bezahlen darf – der ist eben ein Rechtspopulist.
Die Demoskopin Renate Köcher bringt es auf den Punkt: »Immer, wenn man etwas diskreditieren will, nennt man es populistisch.« Und die Frage, was es zu diskreditieren gilt, ergibt sich aus dem jeweiligen Zeitgeist. Ingo von Münch, emeritierter Professor für Verfassungs- und Völkerrecht sowie ehemaliger Zweiter Bürgermeister von Hamburg, zitiert in seinem sehr lesenswerten Buch »Meinungsfreiheit gegen politische Correctness« (zu beziehen unter www.koppverlag.de) den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918 – 2015) mit den Worten: »Aus Deutschland ein Einwanderungsland zu machen, ist absurd.« Heute wäre Schmidt auf jeden Fall ein Populist, vermutlich sogar ein rechter Populist.
Rechte: Eigentlich nur eine parlamentarische Sitzordnung (die Rechten sitzen eben aus Sicht des Parlamentspräsidenten im Plenarsaal rechts), mutierte dieser Begriff zur Kampfvokabel. Wie selbstverständlich bekennen sich viele Menschen – manche sogar mit stolzgeschwellter Brust – und eine ganze Partei dazu, »Linke« zu sein. Wer sich aber mutig als »Rechter« outet, der wird gern schon mal als »Nazi« beschimpft – oft sogar in den Medien. Und wer sich dagegen wehrt, muss sich dann mitunter von Richtern belehren lassen, das sei doch eine Satire und insofern von der Meinungsfreiheit gedeckt. »Rechts vor links«, lernten wir alle früher in der Fahrschule. Im falschen Kontext verwendet, kann eine solche Aussage heute als »rassistisch« und/oder »neonazistisch« ausgelegt werden. Professor Werner Patzelt von der TU Dresden sagte einmal in einem Interview: »Es ist in Deutschland üblich geworden, unter dem Etikett ›rechts‹ alles von nicht links bis rechtsextremistisch zusammenzufassen«. Im Klartext: Man wirft Konservative gern in einen Topf mit Rechtsradikalen, um sie auf diese Weise zu diffamieren. Aber niemand käme auf die Idee, einen seriösen linken Politiker mit der Antifa gleichzusetzen.
Stammtisch (auch Stammtischparolen oder »Lufthoheit über den Stammtischen«): Wer denkt da heute noch an E.T.A. Hoffmanns Literarischen Stammtisch oder an den Internationalen ARD Frühschoppen mit Werner Höfer, wo die Teilnehmer sogar noch Wein trinken und rauchen durften? In der politischen Debatte wird der Stammtisch heute als eine Variante des Populismus diffamiert. Und zwar aufgrund des erhöhten Bierkonsums als eine angeblich besonders tumbe Variante. Wer sagt, was der links-alternativen Elite nicht passt, verbreitet eben Stammtischparolen. Dabei klingt manches, was an Stammtischen gesagt wird, durchaus vernünftiger als das, was uns die TV-Sender als sogenannte Talkshows servieren.
Volksseele: Dieser Begriff wird in der Regel nur verwendet, wenn die Volksseele »kocht«. Zum Beispiel nach Terroranschlägen oder besonders abscheulichen Verbrechen. Kaum verwunderlich, dass die Volksseele angeblich vor allem im rechten Teil der Gesellschaft, bei den Populisten und an den Stammtischen kocht. Im politisch linken Spektrum spricht man hingegen gern von »Einzelfällen« und warnt vor »Überreaktionen«. Keinesfalls dürften sich Politiker von »kochenden Volksseelen« zu populistischen Maßnahmen hinreißen lassen, lautet die gouvernantenhafte Ermahnung der Gutmenschen-Fraktion.
»Keulen«: Kein Kampfbegriff in der politischen Auseinandersetzung, wohl aber ein höchst effizientes Werkzeug, um Andersdenkende zum Schweigen zu bringen. Der bereits erwähnte Jurist und Buchautor Ingo von Münch unterscheidet Nazi-, Faschismus- und Rassismus-Keulen. Alle drei – vor allem aber die Nazi-Keule – sind ein von Linken und sogenannten Antifaschisten gern verwendetes Instrument, um Andersdenkende mundtot zu machen. Jeder Versuch einer intellektuellen Differenzierung wird totgeschlagen (daher auch: Totschlagargument). Noch einmal Ingo von Münch: »Wem Argumente fehlen, der greift zur Keule.«
Rassist/rassistisch: Dies ist kein verspäteter Aprilscherz: Im Hamburger Hauptbahnhof wurde jüngst ein Fahrgast beim Lösen seines Zugtickets von einem Jugendlichen im Antifa-Look angepöbelt und als »rassistischer Sakkoträger« beschimpft. Wer ein Sakko trüge, glaube, etwas Besseres zu sein, und setze sich von den anderen Menschen ab, sei also mithin rassistisch. Dieser Vorfall zeigt die pathologischen Folgen einer andauernden Gehirnwäsche. Üblicherweise muss damit rechnen, als Rassist oder als »Fremdenfeind« (beide Begriffe werden oft synonym verwendet) beschimpft zu werden, wer sich gegen die ungebremste Zuwanderung von Migranten in das deutsche Sozialsystem ausspricht. Wissenschaftlich betrachtet, ist ein Rassist nicht zwangsläufig ein Nazi. Das aber stört die Keifer von links nicht. Wer sich (vermeintlich) rassistisch äußert, ist ein Nazi. Punkt. Der aus Sicht der Linken derzeit prominenteste Rassist dürfte US-Präsident Donald Trump sein.
Verschwörungstheorie: Theorien, die dem Mainstream widersprechen oder ihm unangenehm sind, werden als Verschwörungstheorien etikettiert. Wissenschaftler und Autoren, die solche Theorien verbreiten, gelten mithin als Verschwörungstheoretiker. Die geplante Bargeldabschaffung wurde lange als Verschwörungstheorie bezeichnet. Mittlerweile hat die EZB bereits die Abschaffung der 500-Euro-Noten beschlossen, und in Staaten wie Schweden braucht man sogar für die Benutzung eines öffentlichen WCs eine Geldkarte. Auch die Goldpreismanipulation galt zunächst als Verschwörungstheorie. In den vergangenen Jahren mussten Großbanken exakt für diese Manipulation hohe Bußgelder zahlen. Früher oder später wird aus den meisten Verschwörungstheorien eben Verschwörungspraxis.
Phobie: Form der starken Angststörung. Sie tauchte früher vor allem in Form der Aviophobie (Flugangst), der Arachnophobie (Angst vor Spinnen) und der Arztphobie (auch als »Weißkittel Syndrom« bezeichnet) auf. Mittlerweile ist immer häufiger von Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit), Europhobie (Kritik an Brüssel, stärkste Ausprägung: Brexit) und Homophobie (Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit) die Rede. Ein falscher Satz genügt – und schon muss sich der politisch inkorrekte Bürger mit einem (oder mehreren) dieser Begriffe diffamieren lassen.
Politisch inkorrekt: Von dem bekannten Soziologen Helmut Schelsky (1912 – 1984) stammt die Erkenntnis: »Wer die Sprache beherrscht, beherrscht auch die Menschen.« Insoweit kann es nicht verwundern, dass auf dem Gebiet der Politischen Korrektheit vor allem die »Sprachpolizisten« unterwegs sind. Und was sie ausmachen und anprangern, erscheint schon mehr als skurril. So sei der Name des Waschmittels »Weißer Riese« politisch inkorrekt, weil er eine Überlegenheit der weißen Rasse suggeriere. In einem anderen Fall sollte eine Volksbücherei nicht mehr Volksbücherei heißen, weil der Begriff »Volk« im Nationalsozialismus »rassistisch belastet« worden sei. Die Liste der Verrücktheiten könnte beliebig fortgesetzt werden. Vorsicht: Wer die Sprache beherrscht, der beherrscht früher oder später auch unser Denken (siehe oben). Die Gehirnwäsche hat längst begonnen, doch die wenigsten bemerken es, halten es sogar für »cool«, gehirngewaschene Meinungen zu vertreten.
Vereinfacher (oft mit dem Adjektiv »schrecklich« verwendet, also »schreckliche Vereinfacher«): »Einfachheit ist das Resultat der Reife«, wusste schon Friedrich Schiller. In der Tat ist es wesentlich schwieriger, komplizierte Dinge einfach zu machen als einfache Dinge kompliziert. Werden an sich einfache und transparente Dinge verkompliziert, so geschieht dies in aller Regel nur aus einem Grund: Die Menschen sollen nicht mehr durchblicken können und sich die Welt erklären lassen. Und zwar natürlich von den professionellen »Welterklärern« in der Politik und in den Mainstream-Medien.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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