Peter Orzechowski
Der Angriff auf den Iran hat begonnen
Zuerst inszeniert Israels Ministerpräsident Netanyahu eine Propagandashow über das angebliche geheime Atomwaffenprogramm Irans. Dann bombardiert die israelische Luftwaffe iranische Stellungen in Syrien. Und jetzt marschieren die Truppen der Kriegskoalition auf. Natürlich geht es bei diesem sich ausweitenden Krieg nicht um Atomprogramme und Terroristen, sondern – wie immer – um Öl und Profite.
Wer die Angriffskoalition bildet, ist in den letzten Tagen klar geworden: die Achse Washington-Tel Aviv-Riadh. Sehen wir uns kurz die jüngsten Aktionen dieser Koalitionäre an. Der Kronprinz Saudi Arabiens, Mohammed Bin Salman, erklärte vor jüdischen Organisationen in den Vereinigten Staaten, dass die Palästinenser die Friedensangebote Israels annehmen oder einfach »die Klappe halten« sollten. Die Kontakte zwischen den Saudis und den Israelis haben sich in den letzten Monaten intensiviert. Militärexperten gehen von einer geheimen Allianz der beiden Streitkräfte aus.
Der Antreiber der Koalition ist Israel. Die Knesset hat kürzlich ein Gesetz verabschiedet, nach dem der Regierungschef und der Verteidigungsminister einen Krieg erklären können. Dieser Krieg läuft bereits – zumindest auf israelischer Seite. Beim Bühnenauftritt Netanjahus war US-Außenminister Mike Pompeo zu Besuch in Israel. Gleichzeitig griff die israelische Luftwaffe mit bunkerbrechenden Raketen zwei Militärstützpunkte in Homs und Aleppo an. Die Detonationen waren so heftig, dass sie als Erdbeben registriert wurden. Mit diesem Zeichen wurde Macht demonstriert, während die syrische Regierung und letztlich auch Russland düpiert wurden.
Offenbar sieht sich Israel derzeit in der Situation, zumal Russland sich bislang zurückhält, nach Belieben in Syrien iranische Ziele anzugreifen. Man muss fast davon ausgehen, dass Israel den Iran zu einem Gegenangriff provozieren will, um – mit den USA hinter sich – iranische Ziele anzugreifen.
Kommen wir zum dritten Koalitionär, den USA. Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin vermutet in einem Interview, »dass die USA Präventivschläge gegen den Iran durchführen werden«. Er begründet das mit der Aussage des neuen US-Sicherheitsberaters John Bolton vor drei Jahren, in der dieser feststellte: »To stop Iran’s bomb, bomb Iran.« Um die iranische Atombombe zu verhindern, müsse man den Iran bombardieren – das ist auch die Meinung von Trumps neuem Außenminister Mike Pompeo. Braml nennt noch einen weiteren Grund für ein solches Vorgehen: »Die Kongresswahlen im November. Im Fall eines Krieges kann Trump mit dem ›rally ’round the flag‹-Effekt rechnen – also damit, dass sich seine Landsleute im Krisenfall auch bei Wahlen patriotisch hinter ihren Präsidenten und Oberbefehlshaber stellen.
Wie immer geht es um Öl
Schon einen Tag nach Trumps Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran stieg der Ölpreis auf 76,70 Dollar pro Barrel. Das entspricht 1,85 Dollar mehr als noch am Vortag – und ist das höchste Niveau seit 2014. Ein Embargo iranischen Öls würde den Preis weiter steigen lassen.
Der Iran ist nach Saudi-Arabien und dem Irak die Nummer drei in der Gemeinschaft erdölexportierender Länder (Opec). Die tägliche Fördermenge von rund 3,8 Millionen Barrel (1 Barrel = 159 Litern) entspricht knapp vier Prozent der weltweiten Ölförderung. Derzeit gehen etwa 40 Prozent der iranischen Ölausfuhren nach Europa. Hauptabnehmer sind vor allem Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland und die Niederlande. Nutznießer dieser Aktion wären also amerikanische Fracking-Unternehmen, die ihr Öl – nach dem derzeitigen Preis sogar lukrativ – nach Europa verkaufen könnten. In einem früheren Beitrag habe ich bereits darauf hingewiesen, dass US-Fracking Gas ebenfalls gerade dabei ist, mit EU-Förderung den europäischen Markt zu erobern.
Ein Krieg hätte außerdem für die USA den Vorteil, dass es den Rivalen China von den dringend benötigten Rohstoffen aus dieser Region abschneiden könnte. Um Moskau müsste sich Washington vermutlich gar nicht sorgen: Auch Russland ist auf höhere Energiepreise angewiesen.
Der Truppenaufmarsch
Die USA baten die Golfstaaten, eigene Besatzungstruppen nach Syrien zu entsenden. Sie sollen vor allem gegen die iranischen Truppen und die schiitische Hisbollah-Miliz vorgehen und die mindestens 2000 US-Soldaten verstärken, die auf ein Dutzend Stützpunkte in Syrien, vor allem im Nordosten, verteilt sind. Es wird berichtet, dass die U. S. Army die Stützpunkte weiter ausdehnt, indem sie Umfassungsmauern, Verteidigungsgräben und Hubschrauberlandeplätze baut.
Der US-Flugzeugträger Harry S. Truman, der vom größten Marinestützpunkt der Welt in Norfolk (Virginia) aus in See stach, erreichte mit seiner Angriffsgruppe das Mittelmeer. Die Angriffsgruppe besteht aus einem Lenkwaffenkreuzer, sechs Lenkwaffenzerstörern und dem deutschen Zerstörer FGS Hessen (Kopp Exklusiv berichtete). Diese Flotte mit mehr als 8000 Mann an Bord hat eine enorme Feuerkraft. Die Truman – ein 300 Meter langer Superträger, ausgerüstet mit zwei Kernreaktoren – kann in aufeinanderfolgenden Wellen 90 Kampfmaschinen und Hubschrauber starten. Seine Angriffsgruppe kann über 1000 Marschflugkörper starten.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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