Michael Brückner

Der Gipfel der Unverbindlichkeiten

Eines muss man Kanzlerin Angela Merkel lassen: Sie versteht es vortrefflich, sich immer wieder als Krisenmanagerin der von ihr selbst ausgelösten Krisen medienwirksam in Szene zu setzen.

So zuletzt beim EU-Gipfel, als die Kanzlerin mit den Folgen ihres eigenen Versagens in der Flüchtlingspolitik kämpfen musste. Im Vorfeld hatte sie ihre Bataillone in Stellung gebracht: die ihr treu ergebenen Mainstream-Medien, die Jasager aus der eigenen Partei, die Neuwahlen fürchtende SPD, die sich als Reserverad der GroKo anbiedernden Grünen und die Wirtschaftsverbände, die gar nicht genug ungelernte und somit billige Arbeitskräfte bekommen können. Nach einer Nachtsitzung teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk mit, man habe sich auf eine gemeinsame Asylpolitik geeinigt.

Und die Repräsentanten der Mainstream-Medien atmeten tief durch: Wenn schon die deutsche Fußballnationalmannschaft versagt, so ist zumindest auf Kaiserin Angela I. Verlass. Ihre Claqueure in Partei und Medien waren verzückt: Die deutsche Kanzlerin hat es wieder einmal allen gezeigt. Doch was ist wirklich herausgekommen? Nicht alle Medien beteten den Mainstream nach, manche wagten auch eine kritische Betrachtung. Von einem »Gipfel der Beschüsslein« schrieb etwa die Basler Zeitung. Die gefundenen Kompromisse lösten kein einziges der Asylprobleme, kommentierte Express (London).

»Hätte, wäre, müsste …«

Was uns vorgelegt wurde, ist ein Konglomeratan Unverbindlichkeiten und politischen Deals. Um noch einmal die Basler Zeitung zu zitieren: »Wäre, hätte, müsste und das alles freiwillig: Dass die EU-Regierungschefs solche Beschlüsse als Einigung darstellen, hat schon etwas Frivoles.« Welche EU-Staaten zum Beispiel freiwillig bereit sein sollen, bei sich Aufnahmezentren einzurichten, bleibt ein Geheimnis der Kanzlerin. Und die CSU? Statt die vielzitierte »klare Kante« zu zeigen, bot sie eine nachgerade absurde Schmierenkomödie, ganz nach dem Motto von Karl Valentin: »Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.«

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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