Kim Blatter
Grüne fordern: Sexuelle Identität soll ins Grundgesetz
Im Grundgesetz-Artikel gegen Diskriminierung fehlt laut den Grünen noch die sexuelle Identität. Dies soll ein Bestandteil des bundesweiten »Aktionsplans für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt« werden. Der Artikel sei derzeit homo-und transfeindlich und bagatellisiere Diskriminierungen jeglicher Art.
Der Wunsch nach Reform ist größer denn je. Sexuelle Vielfalt und Gleichberechtigung lautet die Devise der Grünen. Ihr Zielfernrohr haben sie mittlerweile auf lange bestehende deutsche Gesetze gerichtet, die aus ihrer Sicht umgehend einer Änderung bedürfen. So üben sie derzeit heftige Kritik am Artikel 3 des Grundgesetzes aus. Dieser lautet bekanntlich wie folgt:
»Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.«
Im Antrag der Grünen heißt es, dass der Artikel in seiner jetzigen Form »einen der zentralen Mechanismen von Homo- und Transfeindlichkeit« fortschreibe. Wenn sich jemand mit dieser Kritik nun schwertut und auch zwischen den Zeilen nichts Feindseliges erkennen kann – hier ist die grüne Aufklärung: Es gehe um das »Unsichtbarmachen« und »Bagatellisieren« von Diskriminierungen.
Bereits der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) forderte, auch die sexuelle Identität mit in den Artikel aufzunehmen. Vor 3 Tagen, am 13.05.2019, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags vorgelegt.
Der LSVD hat den Referentenentwurf jedoch abgelehnt. Laut Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des LSVD, werde Trans- und Intergeschlechtlichkeit weiterhin pathologisiert. Die Situation würde sich sogar verschlechtern.
Der LSVD fordert, dass eine Vornamens- und Personenstandsänderung lediglich auf Antrag beim Standesamt ermöglicht wird – und das ohne Gutachten, ärztliche Atteste oder gar einem Gerichtsverfahren. Es brauche einen gesetzlichen Anspruch auf die Neuausstellung von Zeugnissen und Arbeitsdokumenten bei Namens- bzw. Personenstandsänderung. All das sehe der Neuentwurf nicht vor.
Doch nicht der Entwurf des Transsexuellengesetzes steht bei den Grünen in der Kritik – zumindest noch nicht. Vielmehr soll gleich das Grundgesetz erneuert werden, da es eine unzumutbare Lücke aufweist, die automatisch Transmenschen, Schwule und Lesben diskriminiert.
Interessant ist, dass nicht nur die Grünen die Aufnahme von sexueller Identität im Grundgesetz fordern. Auch die FDP spricht sich ausdrücklich dafür aus. FDP-Politiker Jens Brandenburg sagte der dpa: »Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen Identität ausgegrenzt, verfolgt oder diskriminiert werden. Diesen Schutz soll das Grundgesetz künftig auch im Wortlaut garantieren.« Eine fraktionsübergreifende Initiative sei geplant.
Sven Lehmann, Sprecher der Grünen-Fraktion für Queer-Politik sagte: »Auch wenn Lesben und Schwule zunehmend offen leben, bleibt Diskriminierung im Alltag ein großes Problem.« Lehmann kritisiert, dass die Bundesregierung bisher nur bei unverbindlichen Absichtserklärungen bleibe.
Donnerstag, 16.05.2019