Michael Brückner

Antwort auf die »Kryptos«:
Kommen nun bald E-Euros und FedCoins?

Zentralbanken rund um die Welt denken über eigene Digitalwährungen nach. Im Grunde handelt es sich dabei um Kryptogeld – ähnlich dem Bitcoin, hinter dem aber letztlich die Notenbanken und die Staaten stehen. Man könnte auch von Fiat-Money 2.0 sprechen.

Gerade haben wir uns an die kryptischen Namen der Digitalwährungen gewöhnt – an Bitcoin, Ethereum, Ripple, IOTA, EOS und viele andere mehr. Und schon taucht immer häufiger eine neue Abkürzung in den Finanzmedien auf. Sie lautet CBDC und steht für Central Bank Digital Currency, also »Digitale Zentralbankwährung«. Einfach ausgedrückt, könnte man CBDC als eine Art »Bitcoin« der Zentralbank bezeichnen, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass digitales Zentralbankgeld eine Forderung gegenüber den jeweiligen Notenbanken darstellt und nicht an die Blockchain-Technologie gebunden ist (die Blockchain-Technologie gilt als Motor der nächsten Generation des Internets).

Nachdem die Kurse für den Bitcoin und andere Digitalwährungen mit hoher Marktkapitalisierung Ende vergangenen Jahres mit atemberaubenden Höhenflügen selbst bei Kleinanlegern für Aufmerksamkeit gesorgt hatten, begann vor allem nach dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos (welch ein Zufall …) eine internationale Kampagne von Regierungen, Zentral- und Geschäftsbanken sowie den Mainstream-Medien gegen die Kryptos – mit dem Ergebnis, dass diese in kurzer Zeit massiv an Wert gegenüber Dollar, Euro & Co. einbüßten. Regierungen und Zentralbanken fürchteten, ihr auf unglaublichen Schuldenbergen beruhendes Fiat-Money-System könnte schon sehr bald obsolet werden.

Kampf gegen das Bargeld

Inzwischen aber denken immer mehr Notenbanken über Central Bank Digital Currency – also über eigenes Digitalgeld – nach. Kommen bald schon der E-Franken, der E-Dollar und vielleicht sogar der E-Euro? Die Einführung von CBDC könnte letztlich die logische Fortsetzung des Kampfes gegen das Bargeld sein. Nicht von ungefähr beschäftigt sich die Riksbank, die schwedische Zentralbank, schon seit einiger Zeit besonders intensiv mit den Vor- und Nachteilen von »E-Kronen«. In dem skandinavischen Staat sind die Bargeldrestriktionen am weitesten fortgeschritten. Mittlerweile weigern sich sogar manche Banken, Bargeld auszuzahlen oder anzunehmen. Konkret wird in der Riksbank diskutiert, inwieweit die digitale Krone eine Antwort auf die rückläufige Bargeldnutzung sein könnte.

Auch die Zentralbank im benachbarten Norwegen beschäftigt sich mit dieser Frage. In einem unlängst veröffentlichten Arbeitspapier heißt es, wenn die Nutzung von Bargeld weiter abnehme, könnte eine digitale Zentralbankwährung eine Alternative sein, um Geld zu transferieren. Ob die Bargeldnutzung weiter zurückgeht oder nicht, hängt indessen in erster Linie vom Handeln und der Propaganda von Regierungen, Zentralbanken, Geschäftsbanken und bestimmten Lobbygruppen ab. Mit anderen Worten: Die Notenbanken denken über Schritte nach, die als Folge ihrer eigenen Politik notwendig werden könnten.

CBDS – ein weltweites Thema

Schweden und Norwegen sind derweil keine Einzelfälle. Rund um die Welt steht das Thema CBDC schon seit geraumer Zeit auf der Agenda. In der Schweiz hat der Bundesrat einen Bericht über die Risiken und Möglichkeiten der Einführung einer eigenen, staatlich gestützten digitalen Währung (»E-Franken«) angefordert. Konkret geht es darum, die rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte des E-Franken zu untersuchen. Die Schweiz gilt mit ihrem »Crypto Valley« im Kanton Zug als einer der führenden europäischen Staaten im Bereich der Blockchain-Währungen.

Wer hat Zugang zu CBDCs?

Auch die Bank of England hat am 18. Mai ein Arbeitspapier für Mitarbeiter veröffentlicht, in dem verschiedene Szenarien mit möglichen Risiken und Problemen mit der Finanzstabilität mit Blick auf CBDCs aufgezeigt werden. Damit nicht genug. Die Zentralbanken von Russland, Japan, Indien, den USA, Kanada, Singapur bis hin zum maroden Venezuela denken zurzeit über notenbankgestützte digitale Währungen nach. Während in den Vereinigten Staaten schon seit vielen Monaten über den FedCoin diskutiert wird, beschäftigen sich die Notenbanker in Singapur mit dem Projekt UBIN. Die Bank of Canada arbeitet am Projekt Jasper und die Schweden – wie erwähnt – an der E-Krona. Sogar die Marshall-Inseln wollen eine an den US-Dollar gebundene eigene Kryptowährung einführen.

Umstritten ist in den Notenbanken unter anderem noch, welche Sektoren Zugang zu den CBDCs haben sollen. Bei einer »kleinen Lösung« bliebe dieser Zugang beschränkt auf Banken und Finanzinstitutionen. Dies würde »keine wesentliche Veränderung gegenüber der heutigen Welt darstellen«, erklärte das ehemalige Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Carl-Ludwig Thiele, auf dem 2. Hessischen Bankentag am 24. April. Nach seiner Ansicht würden sich lediglich die verwendete Technik und eventuell die Effizienz der Abwicklung ändern.

Kommt es hingegen zur »großen Lösung« (was wahrscheinlicher ist), so entspräche der Nutzerkreis der CBDCs den heutigen Bargeldnutzern, im Grunde also allen Bürgern. Würden die Zentralbanken digitale Währungen herausgeben, so basierten auch diese auf Schulden und die Haftung durch hochverschuldete Nationalstaaten. Plakativ ausgedrückt: CBDCs sind gleichsam Zwitterwesen – irgendwo angesiedelt zwischen Fiat-Währungen und echten Kryptos auf Blockchain-Technologie. Auch die Noten- und Geschäftsbanker stehen den CBCDs nicht uneingeschränkt positiv gegenüber. Ihre Befürchtung: In einer Krise könnten Sparer ihre Einlagen relativ schnell in digitales Zentralbankgeld übertragen. Es käme für die Geschäftsbanken zu einem fatalen digitalen Bankenrun.

Die Schweizer Vollgeld-Initiative

Während führende Notenbanken über CBDCs diskutieren, werden die Schweizer am 10. Juni über die sogenannte Vollgeld-Initiative abstimmen. Diese läuft faktisch auf eine Abschaffung des Buchgeldes in seiner jetzigen Form hinaus. Darunter versteht man jenes Geld, das die Geschäftsbanken durch die Kreditvergabe schöpfen. Wer einen Kredit in Anspruch nimmt, erhält als Kunde diesen Betrag auf seinem Konto gutgeschrieben. Sieht man von einer Mindestreserve einmal ab, ist dieses Geld eigentlich nicht vorhanden – es steht nur in den Büchern. Im Gegensatz dazu steht das Zentralbankgeld. Es setzt sich zusammen aus den im Umlauf befindlichen Banknoten und den Sichtguthaben, welche die Geschäftsbanken bei der Zentralbank – im Fall der Schweiz also bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) – unterhalten. Die Vollgeld-Initiative will nun, dass nur noch die SNB elektronisches Geld bereitstellen kann. Die Geschäftsbanken würden dadurch zu reinen Kreditvermittlern. Sie würden Kredite mit Geldern vergeben, die ausschließlich von der SNB gedeckt wären.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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