Torsten Groß

Bildungsaufsteiger China: Fleiß und Leistung statt Wohlfühlpädagogik

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Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse der PISA-Studie 2018 sind aus deutscher Sicht eine Katastrophe! In allen drei Kernkompetenzfeldern – Lesefähigkeit, Mathematik und Naturwissenschaften – sind Deutschlands fünfzehnjährige Schüler (PISA-Testgruppe) gegenüber der letzten Untersuchung des Jahres 2015 zurückgefallen. Wurden in den Naturwissenschaften 2015 noch 509 Punkte erreicht, waren es 2018 nur mehr 503. Das entspricht dem Stand des Jahres 2003. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich Mathematik (nur noch 500 statt 509 Punkte). Besonders deutlich ist die Lesekompetenz zurückgegangen: Hier kamen deutsche Schüler auf nur noch 498 Punkte. Drei Jahre zuvor waren es 509. Mehr als 20 Prozent der Fünfzehnjährigen erreichen bei uns nicht einmal mehr Lese- und Schreibfähigkeiten auf Grundschulniveau!

Insgesamt kommt Deutschland auch 18 Jahre nach dem Start der PISA-Untersuchungen nicht über einen Platz im oberen Mittelfeld hinaus – und das auch nur deshalb, weil sich Länder aus der Spitzengruppe wie z.B. Finnland 2018 verschlechtert und so den Durchschnitt nach unten gezogen haben. Für die viertgrößte Industrienation der Welt, die außer der Bildung in den Köpfen ihrer Einwohner über praktisch keine Rohstoffe verfügt, ist dieses Ergebnis erschreckend und lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Die massiven Anstrengungen, die seitens der Politik seit dem »PISA-Schock« von 2001 unternommen wurden, um das Bildungsniveau an Deutschlands Schulen zu heben, haben offenbar keine nachhaltige Wirkung entfaltet.

Das Gegenbeispiel liefert China, das mit einzelnen seiner urbanen Ballungsräume an der Untersuchung teilgenommen hat. Den Spitzenplatz im PISA-Ranking 2018 belegt das Regionencluster »Peking – Schanghai – Jiangsu – Zhejiang«. Hier erreichen die Schüler 555 Punkte beim Lesen, 591 Punkte im Bereich Mathematik und 590 Punkte in den Naturwissenschaften, schneiden also um Lichtjahre besser ab als ihre Altersgenossen im fernen Deutschland. Auf Platz drei und vier des PISA-Rankings folgen die chinesischen Sonderzonen Macao und Hongkong.

Kritiker wenden ein, dass die Regierung in Peking nur ausgewählte, wirtschaftlich starke Vorzeigeprovinzen, die oftmals Standorte von Eliteschulen sind, an der Studie mitwirken ließ. Auf dem Land sei das schulische Niveau geringer, weshalb die PISA-Ergebnisse nicht als repräsentativ für ganz China gelten könnten.

Das trifft zwar zu, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das chinesische Bildungssystem parallel zum wirtschaftlichen Aufstieg des Landes in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelt hat. Das noch vorhandene Gefälle zwischen Stadt und Land ebnet sich zusehends ein, das Bildungsniveau der breiten Bevölkerung hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert: Konnten 1982 nur 65 Prozent aller Chinesen Lesen und Schreiben, sind es heute 97 Prozent.

Kennzeichnend für Chinas Schulen – und für die der meisten anderen Staaten Asiens – ist die ausgeprägte Leistungsorientierung und das hohe Lernpensum, das den Kindern abverlangt wird.

Das fordernde und sehr kompetitive Schulsystem, das auch den chinesischen Erfolg erklärt, wird gespeist von der konfuzianischen Tradition, die »Bildung als ein zentrales Gut betrachtet  und die Chinesen zu fleißigen Aufsteigern erzieht«, wie der Ökonom Max Otte schreibt, der sich in seinem neuen Bestseller Weltsystemcrash ausführlich mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Chinas beschäftigt.

China als Vorbild für die dringend notwendige Reform der deutschen Schulpolitik? – Davon wollen die Verantwortlichen hierzulande nichts wissen. Lieber redet man das miserable PISA-Abschneiden Deutschlands schön und fokussiert die negativen Seiten des chinesischen Erfolgs. Ob man sich mit Ländern wie China und Südkorea messen wolle, deren Bildungssysteme für ihren Druck und die starke Leistungsorientierung bekannt sind, sei fraglich, meint etwa Eckhard Klieme vom Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF), der an der deutschen PISA-Studie mitgewirkt hat.

Natürlich müssen wir uns mit China messen, auch und gerade im Bildungswesen. Schließlich schickt sich das Reich der Mitte gerade an, die USA als führende Wirtschaftsmacht der Erde abzulösen. Nur mit einer gebildeten und qualifizierten Erwerbsbevölkerung wird Deutschland in der Lage sein, der asiatischen Herausforderung zu begegnen und den eigenen Wohlstand auch für kommende Generationen zu sichern. Das setzt zwingend leistungsfähige Schulen voraus.

Doch eine Lernkultur, die wie in China und dereinst auch in Deutschland Fleiß, Disziplin und Leistung des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt, ist für Deutschlands linke »Bildungsreformer« Teufelszeug.

Lieber setzt man auf Gleichmacherei unter Inkaufnahme eines sinkenden Anspuchsniveaus und Wohlfühlpädagogik, die ein stressfreies Lernen mit wenig Anstrengung verspricht, die inflationäre Vergabe von Abschlusszeugnissen, die längst zu einem »Muster ohne Wert« verkommen sind, inklusive.

Dass angesichts dieser verfehlten Bildungspolitik deutsche Schüler in internationalen Leistungsvergleichen unbefriedigend abschneiden, ist wenig verwunderlich. Was diese Entwicklung mittel- bis langfristig für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen!

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Montag, 09.12.2019