Torsten Groß
Bitcoin-Boom: Sollen die privaten Kryptowährungen zerstört werden?
Peter Thiel, ein bekannter US-Finanzinvestor deutscher Herkunft und Mitbegründer des Bezahldienstes Paypal, galt lange Zeit als einer der prominentesten Fürsprecher des Bitcoin und anderer Kryptowährungen. Als Paypal im Oktober letzten Jahres bekannt gab, seinen US-Kunden künftig die Möglichkeit zu geben, über die Plattform des Unternehmens solche digitalen Währungen zu handeln und aufzubewahren, notierte der Wert des Bitcoin bei knapp 12.000 Dollar. Aktuell sind es fast 58.000 Dollar. In der Spitze wurden sogar rund 62.000 Dollar erreicht. Doch nun sorgt Thiel mit einem überraschenden Statement für Aufsehen.
Im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung für Mitglieder der renommierten Richard Nixon Foundation warnte der Starinvestor davor, dass der Bitcoin von China als eine finanzielle Waffe gegen die Vereinigten Staaten eingesetzt werden könnte, um das Fiat-Money und vor allem den US-Dollar zu bedrohen. Er forderte deshalb die Regierung in Washington dazu auf, über strengere Regulierungen für Kryptowährungen nachzudenken.
Hat Thiel tatsächlich eine fundamentale Kehrtwende in Sachen Bitcoin und Co. vollzogen, wie einige Beobachter mutmaßen?
Oder nimmt Thiel, der sich weiterhin als »pro-crypto, pro Bitcoin maximalist« bezeichnet, einfach nur eine Entwicklung vorweg, die sich bereits seit geraumer Zeit abzeichnet? Denn die Politik und die großen Finanzinstitutionen halten wenig von den alternativen Kryptowährungen. Das gilt vor allem für die Notenbanken und den Internationalen Währungsfonds (IWF), bei dem es sich um eine Sonderorganisation der UNO handelt.
Sie wollen stattdessen eigenes Digitalgeld aus der Taufe heben, das im Gegensatz zu den privaten, dezentral organisierten Kryptos von den staatlichen Zentralbanken beaufsichtigt werden soll, was eine Kontrolle der Bürger und ihres finanziellen Gebarens ermöglichen würde.
In einem 2016 veröffentlichten Bericht stufte der IWF die Gefahr, die vom Bitcoin für das traditionelle Geldwesen ausgeht, noch als gering ein. Krypto-Assets seien zu riskant und in ihrer Wertentwicklung zu volatil, um die Fiat-Währungen nachhaltig zu bedrohen. Außerdem würden sie in der breiten Bevölkerung wenig Vertrauen genießen, weil immer wieder Fälle von Betrug, Verletzungen der Datensicherheit und Betriebsstörungen publik würden. Hinzu kommt, dass Kryptogeld im öffentlichen Bewusstsein häufig mit kriminellen Aktivitäten wie dem Drogen- oder Waffenhandel in Verbindung gebracht werde. Hervorgehoben wurde aber auch, dass Kryptowährungen ein nur begrenztes Inflationsrisiko aufwiesen, weil ihr Angebot auf eine bestimmte Obergrenze limitiert sei (beim Bitcoin beträgt diese vom Netzwerk selbst gesetzte Grenze 21 Millionen Einheiten, eine Menge, die aber erst im Jahr 2140 erreicht werden soll). Allerdings, so der IWF, fehlten den Kryptos drei wesentliche Eigenschaften, die erforderlich seien, um ein stabiles Währungsregime zu gewährleisten: Der Schutz vor dem Risiko einer strukturellen Deflation, die Fähigkeit, zur Glättung der Konjunktur flexibel auf starke Ungleichgewichte der Geldnachfrage zu reagieren und die Funktion, Kredite zu vergeben.
Und natürlich haben die alternativen Digitalwährungen noch eine weitere Eigenschaft, die sie aus Sicht der Eliten gefährlich machen: Zahlungsvorgänge können anonym abgewickelt werden, ohne dass Banken oder Behörden die Transaktionen nachvollziehen bzw. beobachten können. Sie sind deshalb – ebenso wie Bargeld – Ausdruck individueller finanzieller Freiheit in einem politischen Umfeld, das nicht erst seit Corona immer repressiver agiert.
Doch die wachsende Popularität von Krypto-Assets, die sich nicht zuletzt in den stark gestiegenen Kursen am Kapitalmarkt manifestiert, hat Gegenkräfte auf den Plan gerufen. Immer mehr nationale Notenbanken wollen nun eigenes Digitalgeld auflegen oder bereiten dessen Entwicklung vor, so auch die Europäische Zentralbank (EZB). Deren Präsidentin Christine Lagarde hatte in der Vergangenheit wiederholt Kritik an den dezentralen privaten Kryptowährungen geübt. Mit einem E-Euro, über dessen Einführung Mitte des Jahres entschieden werden soll, könnte die EZB der unliebsamen Konkurrenz Paroli bieten. Lagarde, die den E-Euro klar befürwortet, geht davon aus, dass eine neue europäische Digitalwährung schon nach fünf Jahren breite Verwendung in der Bevölkerung finden würde. In Schweden, das nicht Teil der Europäischen Währungsunion ist, wird bereits an der E-Krona, der digitalen Variante der Landeswährung Krone, gearbeitet.
Am weitesten ist man in Sachen staatliches Digitalgeld allerdings im kommunistisch regierten China. Dort werden bereits Testläufe mit dem neuen, digitalen Yuan in ausgewählten Metropolen des Landes gefahren. Dieser »Fortschritt« kommt nicht von ungefähr. China ist nämlich auch das erste Land der Erde, das ein punktebasiertes »Sozialkredit-System« für seine Bürger geschaffen hat, um nonkonformes Verhalten zu sanktionieren. Dieses System wäre in Kombination mit dem neuen Digitalgeld eine mächtige Waffe der Machthaber in Peking, um die Menschen im Sinne der Diktatur zu erziehen: Wenn jeder Bürger nur noch ein bei der staatlichen Zentralbank geführtes Konto hat, können Regelverstöße per Mausklick bestraft werden, indem man das Guthaben des Delinquenten reduziert oder sogar ganz einfriert, um ihn seiner Existenzgrundlage zu berauben.
Allein das Vorhandensein von Bargeld stünde diesem Horrorszenario der totalen finanziellen Repression im Wege. Doch das wird in China parallel zur Etablierung des digitalen Yuan gerade abgeschafft. Auch in den westlichen Industrienationen hat die Debatte über die Notwendigkeit von Bargeld im Zeitalter der digitalen Revolution längst begonnen. Die Corona-Pandemie hat den Trend zu elektronischen Bezahlverfahren selbst in Deutschland deutlich verstärkt – Wasser auf die Mühlen der Bargeld-Gegner!
Besonders weit ist die Entwicklung in Schweden gediehen. Dort machen die in Umlauf befindlichen Münzen und Scheine nur noch ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. In den USA sind es immerhin acht Prozent und in der EU zehn Prozent.
Relativ sicher ist jedenfalls, dass digitales Zentralbankgeld (engl. Central Bank Digital Currency, kurz CBDC) (5) in den kommenden Jahren weltweit zum integralen Bestandteil des etablierten, auf Fiat-Money basierenden Finanzsystems werden wird.
Der IWF denkt sogar schon darüber nach, CBDC als Reservewährung zu verwenden, wovon vor allem Dollar und Euro profitieren sollen, die heute etwa 85 Prozent der globalen Devisenreserven stellen.
Die neuen, mehr oder minder vom Staat kontrollierten elektronischen Zahlungsmittel, könnten die privaten Kryptowährungen allmählich verdrängen. Gesetzgeberische Initiativen zur Regulierung der Kryptos unter dem Deckmantel, die organisierte Kriminalität bekämpfen oder die nationale Sicherheit schützen zu wollen, würden diesen Prozess beschleunigen.
Mit seinem jüngsten und für viele Beobachter überraschenden Statement antizipiert Peter Thiel diese Entwicklung und stellt sich damit sozusagen an die Spitze der Bewegung, möglicherweise in der Absicht, frühzeitig Einfluss auf die kommenden staatlichen Maßnahmen zu nehmen, um so die völlige Zerstörung der privaten Kryptowährungen zu verhindern.
Investoren sind jedenfalls gut beraten, die Kurse der Krypto-Assets an den Kapitalmärkten genau im Auge zu behalten. Sollte das oben beschriebene Szenario tatsächlich eintreten, könnten die goldenen Zeiten von Bitcoin und Co. schneller zu Ende gehen, als das viele Beobachter bislang für möglich gehalten haben.
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Sonntag, 11.04.2021