Torsten Groß

Corona-Krise: Krankenkassen unter Druck – Drohen massive Beitragserhöhungen?

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In der aktuellen Corona-Krise schlagen die Krankenkassen Alarm: »Ohne gesetzliche Maßnahmen steuert das Finanzierungssystem der Krankenversicherung spätestens zum Jahreswechsel 2020/21 auf einen existenziell bedrohlichen Liquiditätsengpass zu: Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds wird im Verlauf des zweiten Halbjahres aufgrund der absehbaren Mindereinnahmen und vorgegebenen Zahlungsverpflichtungen aufgebraucht sein«, heißt es in einem Positionspapier des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sollten der Staat und damit der Steuerzahler nicht helfen, drohe eine massive Anhebung der Zusatzbeiträge für gesetzlich Versicherte. Einzelne Kassen könnten sogar vom Markt verschwinden, so die Autoren.

Noch im Januar hatten die GKV-Anbieter ein dickes Rücklagenpolster von 30 Milliarden Euro. Doch dann kam das Corona-Virus auch in Deutschland an. Seitdem sehen sich die Krankenkassen von zwei Seiten finanziell unter Druck gesetzt: Zum einen steigen die Kosten aufgrund der Maßnahmenpakete, die der Deutsche Bundestag beschlossen hat, um die Seuche zu bekämpfen und die wirtschaftlichen Folgen für das Gesundheitswesen abzumildern. Nach den Zahlen der GKV schlägt allein das »COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz«, das die finanziellen Mehrbelastungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte kompensiert, mit 6,5 Milliarden Euro zu Buche.

Die Aufwendungen resultierend aus der Sars-CoV-2-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung, die die wirtschaftliche Existenz von Zahnärzten und Heilmittelerbringern wie Physiotherapeuten, Masseuren und medizinischen Fußpflegern durch eine Vergütungsgarantie sichern soll – alleine diese Kosten werden auf eine Milliarde Euro beziffert.

Weitere fünf Milliarden Euro fallen für das zweite Bevölkerungsschutzgesetz an, das u. a. eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie mehr Tests in Pflegeheimen vorsieht.

Insgesamt müssen die gesetzlichen Kassen also Mehrausgaben in Höhe von 12,5 Milliarden Euro verkraften – zusätzlich zu den Belastungen, die der Gesetzgeber den Krankenkassen durch verschiedene Neuregelungen bereits im vergangenen Jahr auferlegt hat. Zum anderen sinken die Beitragseinnahmen, weil immer mehr Beschäftigte wegen des Lockdowns der Wirtschaft in Kurzarbeit sind oder ihren Job verloren haben.

Nach jetzigem Stand rechnen Experten für 2020 mit Beitragsausfällen von 7,5 Milliarden Euro. Unter dem Strich droht den 116 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland durch Corona also ein Fehlbetrag von über 20 Milliarden Euro.

Spätestens zum Jahreswechsel steuert das Finanzierungssystem der Krankenversicherung deshalb auf den eingangs erwähnten massiven Liquiditätsengpass zu, der unter Berücksichtigung der vorhandenen Reserven auf 14,1 bis 14,6 Milliarden Euro geschätzt wird. Wollte man dieses Loch ohne staatliche Hilfe schließen, müssten die Beiträge um bis zu 2,2 Prozent angehoben werden, was sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen belasten und den dringend notwendigen Konjunkturaufschwung nach dem Ende der Pandemie abwürgen würde.

Um dieses Szenario zu verhindern, fordern die Spitzen der GKV mehr Unterstützung des Bundes für den Gesundheitsfonds, aus dem die Krankenkassen die Mittel erhalten, um die Leistungen für ihre Versicherten zu finanzieren. Der 2009 eingeführte Fonds wird aus den Beiträgen der Arbeitgeber, der Kassenmitglieder, den Vergütungen der anderen Sozialversicherungsträger für den Beitragseinzug sowie einen Zuschuss des Bundes gespeist. Letzterer beläuft sich derzeit auf 14,5 Milliarden Euro.

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Spätestens im Herbst, so das Ergebnis eines am Montag dieser Woche geführten Krisengespräches zwischen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Funktionären des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, wolle man mit Finanzminister Olaf Scholz über die Erhöhung dieses Zuschusses verhandeln, um den durch Corona bedingten Mehrbedarf zu decken.

Auf den Staat rollen also neue Milliardenausgaben zu, die am Ende der Steuerzahler wird tragen müssen. Auch wenn Kanzlerin Merkel am Mittwoch auf Nachfrage im Deutschen Bundestag versicherte, dass zur Finanzierung der Corona-Krise »Stand heute (…) keinerlei Erhöhungen von Abgaben und Steuern geplant« seien, so ist das wenig mehr als eine Beruhigungspille. Entsprechende Vorschläge aus den Reihen nicht nur der Opposition, sondern auch des Koalitionspartners SPD, liegen längst auf dem Tisch.

Gefordert werden u. a. eine einmalige Vermögensabgabe, die Wiederhebung der Vermögenssteuer und ein Corona-Solidaritätszuschlag. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese oder andere Vorschläge in die Tat umgesetzt werden, um die Kassen des Fiskus aufzufüllen. Denn der Staat sieht sich wegen der Pandemie nicht nur mit deutlich steigenden Ausgaben, sondern auch mit dramatischen Steuerverlusten konfrontiert, die sich für Bund, Länder und Kommunen auf schätzungsweise 100 Milliarden Euro belaufen. Und immer neue Schulden aufzunehmen, um die Bewältigung der Corona-Folgen zu finanzieren, ist auch keine Lösung. Denn dadurch werden die Lasten nur in die Zukunft verschoben und so auf künftige Generationen abgewälzt, was sicherlich nicht gerecht ist.

Man sollte sich deshalb nichts vormachen: Der Griff des Staates in die Taschen der heute lebenden Bürger wird kommen, sei es in Form neuer bzw. steigender Steuern oder höherer Sozialabgaben. Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Deutschen schon vor drei Wochen in einer Videobotschaft auf spürbare Wohlstandsverluste eingestimmt hat, kommt sicherlich nicht von Ungefähr!

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Freitag, 15.05.2020