Torsten Groß
Corona-Lockdown: Verfassungsgerichte schießen quer und verteidigen Grundrechte!
Nach Wochen des Corona-Lockdowns in Deutschland mit umfangreichen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen ist die höchstrichterliche Rechtsprechung offenbar nicht mehr gewillt, die Eingriffe der Regierung in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger und Gewerbetreibenden unwidersprochen hinzunehmen.
Nachdem Verwaltungsgerichte auf den unteren Instanzen die vom Gesetzgeber verfügten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus bislang überwiegend als rechtmäßig ansahen – wobei es aber auch Ausnahmen gab (KOPP Report berichtete) –, haben Verfassungsgerichte in den letzten Tagen mit aufsehenerregenden Entscheidungen deutlich gemacht, dass den restriktiven Maßnahmen der Politik juristische Grenzen gesetzt sind.
So gab das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss 1 BvR 828/20 vom 15. April 2020 einem Eilantrag statt, der sich gegen Demonstrationsverbote der Stadt Gießen richtete. Die Karlsruher Richter stellten fest, dass die zuständige Ordnungsbehörde unzulässig in das durch Art. 8 GG geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen hat, weil die geltenden Corona-Verordnungen kein generelles Verbot von Aufzügen unter Beteiligung von mehr als zwei Personen aus unterschiedlichen Haushalten rechtfertigen.
Die Stadt Gießen wurde angewiesen, die Anträge erneut zu prüfen und zu entscheiden, ob die angemeldeten Versammlungen tatsächlich verboten werden müssen oder gegebenenfalls unter Auflagen zu gestatten sind.
In einer weiteren, am vergangenen Montag veröffentlichten Entscheidung, erklärte der Bayerische Verfassungsgerichtshof (VGH) das in Bayern geltende Öffnungsverbot für große Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern für verfassungswidrig, weil diese Verordnung eine Ungleichbehandlung darstelle. Das Gericht verzichtete aber darauf, die Vorschrift außer Kraft zu setzen – vorerst zumindest. In ihrem Urteil wiesen die Richter im Übrigen darauf hin, dass die einschlägige Bestimmung in der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BayIfSMV) dahingehend zu verstehen ist, »dass auch Einzelhandelsgeschäfte öffnen dürfen, die ihre Verkaufsfläche auf 800 qm oder weniger reduzieren». Diese ergänzende Feststellung ist deshalb wichtig, weil dadurch die zentrale Begründung des Gesetzgebers für die Flächenbegrenzung ausgehebelt wird. Die ist nämlich mit dem Argument gerechtfertigt worden, dass die Öffnung aller Geschäfte unabhängig von der Größe einen starken Publikumsandrang vor allem in den Innenstädten zur Folge hätte, was das Ansteckungsrisiko erhöhen und damit die weitere Ausbreitung des Virus begünstigen würde.
Die Entscheidung des höchsten bayerischen Gerichts hat Signalwirkung für ganz Deutschland, weil die 800-Quadratmeter-Regelung nicht nur im Freistaat, sondern in ganz Deutschland gilt. Es ist deshalb absehbar, dass diese Beschränkung bald in allen Bundesländern fallen wird – wenn nicht sofort, dann doch in naher Zukunft!
Am Dienstag und damit nur einen Tag später folgte der nächste Paukenschlag: Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat die Landesregierung angewiesen, die aufgrund der Corona-Epidemie verhängten Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung unverzüglich zu lockern (Beschluss Lv 7/20 vom 28. April 2020). Es gebe, so die Richter wörtlich, »aktuell keine belastbaren Gründe für die uneingeschränkte Fortdauer der strengen saarländischen Regelung des Verbots des Verlassens der Wohnung.« Die Verfassungsbeschwerde eines Bürgers gegen die Beschneidung seiner Freiheitsrechte war damit erfolgreich. Die politisch Verantwortlichen in der Landeshauptstadt Saarbrücken hatten die Entscheidung offenbar erwartet. Denn nur wenige Stunden zuvor hatte die regierende schwarz-rote Koalition angekündigt, die seit 21. März geltenden drastischen Beschränkungen ab dem 4. Mai abzuschwächen.
Die jetzt ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen sind ermutigende Nachrichten für alle freiheitsliebenden Bürger in Deutschland. Weitere Urteile dieser Art dürften folgen, es sei denn, das Corona-Infektionsgeschehen würde sich wieder erheblich verstärken, wofür es gegenwärtig aber keine Anzeichen gibt. Die Verfassungsrichter haben deutlich gemacht, dass sie nicht bereit sind, jeden Grundrechtseingriff der Politik einfach durchzuwinken, nur weil eine Maßnahme nach Meinung von Virologen zweckmäßig sein könnte, um die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu bremsen.
Denn das Grundgesetz legt fest, welche Grundrechte dem Bürger zustehen, und nicht die Herrschaften vom Robert Koch Institut!
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Freitag, 01.05.2020