Michael Snyder

»Das Elend ist überall« – Und es zeichnet sich ab, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht

Überall in Amerika verwandeln sich Innenstädte von Metropolen zu Elendsvierteln, in denen es einem den Magen umdreht. Wie die Pilze schießen von Küste zu Küste Zeltstädte aus dem Boden, während die Obdachlosenzahlen explodieren. Selbst die New York Times räumt ein: »Wir stehen vor der schlimmsten Drogenkrise in der amerikanischen Geschichte.« Allein in San Francisco gab es vergangenes Jahr mehr als 28.000 offizielle Beschwerden über menschliche Exkremente auf den Straßen, während in Los Angeles Millionen von Ratten die Stadt überrennen. Und dennoch stellt sich die Obrigkeit hin und behauptet hartnäckig, der Wirtschaft gehe es gut und alles laufe ganz hervorragend.

»Ganz hervorragend« mag zutreffen, wenn man in einer gründlich gesäuberten, wohlhabenden Vorstadt lebt und seine Nachrichten ausschließlich aus gründlich gesäuberten Mainstream-Medien bezieht, aber in der realen Welt herrschen richtig schlimme Zustände.

Gerade erst hat LZ Granderson in einem Leitartikel geschildert, wie das Leben in Los Angeles aktuell aussieht:

»L. A. hat vergangenes Jahr nahezu 620 Millionen Dollar an Steuergeldern für dieses Problem aufgewendet, trotzdem ist die Zahl der Obdachlosen um 16 Prozent gestiegen und beträgt nun nahezu 60 000 Menschen.

Als Einwohner von Los Angeles gehöre ich zu denjenigen, die sich wundern, was das Rathaus so treibt. Als ich noch in der Innenstadt lebte, war es praktisch unmöglich, auch nur einen Straßenzug entlangzugehen, ohne auf einen Obdachlosen zu stoßen. Heute lebe ich in Silver Lake, und da stehen ganze Zeltstädte. Auf dem Weg zur Arbeit sehe ich Menschen, die unter Highway-Überführungen leben. Wir haben es hier nicht mehr mit Armenvierteln zu tun – das Elend ist überall.«

Die Formulierung »Das Elend ist überall« lässt sich natürlich eins zu eins auf San Francisco übertragen, auf Portland, Seattle, Denver, Minneapolis, Chicago, Detroit, St. Louis, Memphis, Cleveland, Baltimore, Philadelphia und zahllose andere amerikanische Städte.

Aber L.A. ist zweifelsohne besonders ekelerregend. Ein Kolumnist der Los Angeles Times räumte am Wochenende ein, dass sich die Stadt in einen gewaltigen Mülleimer verwandelt habe:

»Ein breiter Streifen von Los Angeles hat sich in eine Ödnis verwandelt, in der Ratten durch Haufen verwesender Abfälle und schmutzige Zeltstädte huschen. In einer Fotoserie, bei der sich einem den Magen umdreht, hat die Los Angeles Times nach eigener Aussage »den Zusammenbruch einer Stadt, die außer Kontrolle geraten ist«, festgehalten.

›Die Stadt Los Angeles hat sich in einen gewaltigen Mülleimer verwandelt‹, schimpfte der Kolumnist Steve Lopez am Sonntag.«

Und während das geschieht, erzählt man uns gleichzeitig, dass die Konjunkturlage in den USA noch immer vergleichsweise stabil sei. Auf gewisse Weise stimmt das wohl auch – aktuell steht die Wirtschaft in den USA deutlich stabiler da, als es in einigen Monaten der Fall sein wird.

Wenn es also jetzt schon so schlecht um unsere Großstädte bestellt ist, wie wird es dort dann wohl erst aussehen, wenn wir tief in den nächsten Wirtschaftsabschwung eintauchen?

Das Arbeitsministerium teilte vor Pfingsten mit, dass im Mai 75.000 zusätzliche Arbeitsplätze in den USA geschaffen wurden. Das passt zu den ausgesprochen enttäuschenden Zahlen, die ADP einige Tage zuvor gemeldet hatte. Dieser Wert liegt weit unter dem, was jeden Monat an neuen Arbeitsplätzen entstehen müsste, nur um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten zu können.

Schon vorher gab es mehr Amerikaner im arbeitsfähigen Alter ohne Anstellung als zu irgendeinem Zeitpunkt der vorangegangenen Rezession und die Lage wird jetzt noch schlimmer.

Aber die Regierung macht es sich einfach und sortiert die absolute Mehrheit der unbeschäftigten Amerikaner im arbeitsfähigen Alter als »nicht zur Arbeiterschaft gehörig« aus. Entsprechend ist die offizielle Arbeitslosenquote aktuell auch »sehr niedrig«.

Ein schlechter Witz!

Die Wahrheit sieht anders aus: Die Mittelschicht schrumpft seit längerer Zeit, und alle neu eintreffenden Zahlen scheinen dafür zu sprechen, dass sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt.

Ein Beispiel: Zieht die Konjunktur an, steigt die Nachfrage nach wichtigen Industrieressourcen wie Kupfer, Zink und Holz und auch die Preise klettern. Wenn dagegen die Konjunktur schrumpft, lässt auch die Nachfrage nach diesen Ressourcen nach und die Preise fallen.

Aktuell ist zu beobachten, dass die Preise für Kupfer, Zink und Holz rasant einbrechen:

»Allein im vergangenen Monat sind die Kupferpreise um 6 Prozent gefallen, die für Zink um 8,5 Prozent. Kupfer und Zink sind wichtig für viele Industrie- und Technologieunternehmen. Kupfer als Barometer für den Zustand der Wirtschaft erhält dermaßen viel Aufmerksamkeit, dass die Händler auch scherzhaft von »Dr. Kupfer« sprechen, als habe das Metall einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften.

Auch die Preise für Holz sinken und sind im vergangenen Monat um 10 Prozent zurückgegangen. Das könnte als Anzeichen dafür gewertet werden, dass der Häusermarkt und speziell die Neubauaktivität erlahmt.«

Sie sind auf der Suche nach glasklaren Anzeichen dafür, wohin sich die US-Wirtschaft in naher Zukunft entwickelt? Bitte schön.

Aber die meisten Amerikaner werden sich bis zum bitteren Ende dagegen sperren, der Wahrheit ins Auge zu schauen. Und obwohl 59 Prozent der Bevölkerung von einem Gehalt zum nächsten leben, häufen die Leute weiter Schulden an, als gäbe es kein Morgen.

Tatsächlich wurde gerade bekannt, der durchschnittliche Automobilkredit in den USA neue Rekordhöhe erreicht hat:

»Neuwagenkäufer nehmen immer größere Kredite auf und zahlen jeden Monat immer höhere Raten. Laut dem Unternehmen Experian, das jeden Monat Millionen von Automobilkrediten beobachtet, belief sich der Durchschnittskredit, der für den Kauf eines Neuwagens aufgenommen wird, im ersten Quartal auf 32.187 Dollar, was einen neuen Rekord darstellt. Auch die durchschnittliche Kreditgröße für den Kauf von Gebrauchtwagen erreichte mit 20.137 Dollar einen Rekordwert.«

Wieder und wieder werde ich gefragt, wie man sich denn auf den nächsten Wirtschaftsabschwung vorbereiten kann, und ein wichtiger Ratschlag, den ich immer gebe, lautet: Keine neuen Schulden mehr!

Gerade jetzt sollten wir alle damit beschäftigt sein, uns ein finanzielles Polster aufzubauen, denn was auf uns zukommt, wird nicht witzig.

Leider verschließen die meisten Amerikaner weiterhin die Augen vor dem, was geschieht. Sie werden schlecht vorbereitet sein, wenn die sehr raue Wirtschaftslage, die sich jetzt anbahnt, Realität wird.

Mittwoch, 12.06.2019