Michael Brückner
Die Hessen-Klatsche und der Anfang vom Ende der Ära Merkel
»Game over« – das ist das Signal der Hessen-Wahl für Berlin. Und Merkel wurde über Nacht zu einer »lame duck«.
Das mit so großer Spannung erwartete Ergebnis der Landtagswahl in Hessen könnte endlich Bewegung in die politische Landschaft bringen. Nach ihrem angekündigten Rücktritt als Parteichefin sind die Tage von Angela Merkel nun endgültig gezählt. Dass sie tatsächlich bis zum Ende der Legislaturperiode Kanzlerin bleibt, erscheint mehr als fraglich. Letztlich hatte die Trümmerfrau der CDU nach dem Desaster von Hessen keine andere Wahl mehr. Denn die dortige Landtagswahl am vergangenen Sonntag hatte eine einfache, in ihrer Aussagekraft aber eindeutige Erkenntnis zutage gefördert: CDU und SPD, also die größten Parteien der Berliner großen Koalition, erzielen zusammen nur noch ein Ergebnis, das früher – und das liegt noch gar nicht allzu lange zurück – die Union allein schaffte.
Wenn CDU und SPD in einem wichtigen deutschen Bundesland zusammen über 22 Prozent verlieren, dann ist das nicht nur ein Denkzettel für »Berliner Streitereien«, sondern – zumal nach dem Ergebnis der Bayern-Wahl 2 Wochen zuvor – ein eindeutiges Misstrauensvotum. Eine Mehrheit im Land will die GroKo nicht mehr, will vor allem Merkel nicht mehr. Wer am Wahlabend die zahlreichen TV-Auftritte von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer verfolgte, konnte schon erahnen, was sich da hinter den Kulissen abspielte. Jetzt wollen die Linken in der CDU retten, was aus der Merkel-Ära noch zu retten ist. Viel wird es nicht sein.
Panische Angst vor Neuwahlen
Die Merkel-Vasallen verweigern sich der Einsicht, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Dauerhaft wird dieser Verdrängungsprozess nicht funktionieren. Aus Angst, Neuwahlen könnten den einstigen Volksparteien ähnlich desaströse Ergebnisse und der AfD weitere Erfolge bescheren, wird der evidente Wunsch der Mehrheit der deutschen Wähler nach einem wirklichen Neubeginn in Berlin schlicht ignoriert. Jetzt geht es für die GroKo darum, Zeit zu schinden. Der Rücktritt auf Raten der Noch-Kanzlerin und das »Fahrplan«-Gefasel der um ihr Amt fürchtenden SPD-Chefin sind deutliche Belege hierfür.
Zu den Verdrängungsprozessen gehört ferner der stereotyp vorgetragene Hinweis, die AfD sei zwar mittlerweile in allen Landtagen vertreten, doch im Schnitt eben angeblich »nur« mit »etwas mehr als 10 Prozent« der Stimmen. Geht man von der Zahl der Wahlberechtigten in ganz Deutschland aus, unterstellt eine Wahlbeteiligung von 70 Prozent und rechnet einen Stimmenanteil der AfD zwischen 10 bis 14 Prozent um (unter Berücksichtigung der Wahlergebnisse in den östlichen Bundesländern liegt dieser Stimmenanteil erheblich höher), dann kommt man allein bei einer so überschlagsmäßigen Rechnung zu der Erkenntnis, dass die AfD derzeit weit mehr Wähler hat als die Großstädte Berlin und Hamburg Einwohner.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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