Michael Brückner
Die Krypto-Verschwörung:
Was den Bitcoin abstürzen ließ
Was den Bitcoin abstürzen ließ
Vor Weihnachten noch gab es für Bitcoin & Co. kein Halten mehr. Die Kryptowährungen erklommen neue Rekorde. Doch im neuen Jahr folgte der jähe Absturz. Eine natürliche Reaktion auf Übertreibungen, hieß es. Sicher, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich haben einflussreiche Kreise ein Interesse daran, den Bürgern die Alternativen zum Papiergeld madig zu machen. Wurde der Bitcoin-Absturz in Davos vereinbart?
Nach einer beispiellosen Preisrallye kostete der Bitcoin kurz vor Weihnachten 2017 bis zu 20000 US-Dollar. Auch die anderen führenden Kryptowährungen waren spektakulär im Preis gestiegen. Gleich im neuen Jahr indessen stürzten die Kurse dramatisch ab. Da sei eben eine Blase geplatzt, hieß es. Natürlich! Natürlich? Wer verfolgte, was da in den ersten Wochen des Jahres 2018 im Zusammenhang mit den Kryptowährungen geschehen ist, gerät zumindest ins Grübeln. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Hinweisen, dass auch auf diesem Markt die Preise wieder dreist manipuliert wurden – so wie vor einigen Jahren der Goldpreis.
Der Mensch als Kontosklave
Um der Indizienkette folgen zu können, muss man zurückblicken auf den 8. November 2016. Im medialen »Windschatten« der US-Präsidentschaftswahlen entwertete die indische Regierung die Geldscheine des Landes. Verantwortlich für diesen Schritt, der die Nation in den Wochen danach ins Chaos stürzte, war Premierminister Narendra Modi. Seither gilt Indien gleichsam als Versuchslabor eines weltweiten Bargeldverbots (wobei, das sei angemerkt, die »Laborergebnisse« bisher verheerend ausfallen). Zu den wichtigsten Zielen der Bargeldabschaffung oder zumindest der Bargeldrestriktionen gehört es, anonymes Zahlen unmöglich zu machen oder zumindest stark einzuschränken. Der Mensch würde zum gläsernen Kontosklaven seiner Hausbank. Genau das würden die Kryptowährungen verhindern. Sie sichern den Nutzern nicht nur Anonymität, sondern umgehen – sieht man von der Bitcoin-Alternative Ripple einmal ab – bewusst das herkömmliche Bankensystem. Und genau das schätzen die Anhänger der Kryptos. Wer also gegen das Bargeld kämpft, kann logischerweise auch keine Kryptowährungen zulassen. Es gilt somit, das Vertrauen in dieses virtuelle Geld zu zerstören. Und was wäre dazu besser geeignet als ein spektakulärer Crash, wie wir ihn Anfang des Jahres erlebten? Hierzu bedurfte es einer konzertierten Aktion. Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos wurde der indische Premierminister Narendra Modi gleichsam als internationale Lichtgestalt und als »Anti-Trump« glorifiziert. Gleichzeitig kündigte sein Finanzminister Arun Jaitley im Januar an, Indien werde Bitcoins und die anderen Kryptowährungen für Bezahlvorgänge oder andere Transaktionen verbieten – angeblich, um Betrug und illegale Geschäfte einzudämmen. Zudem erhielten Zehntausende von indischen Anlegern im Januar Post von den Steuerbehörden. Die Finanzämter forderten zur Zahlung von Kapitalertragsteuern auf, falls sich die Anleger bei ihren Geschäften der Kryptowährungen bedient haben sollten.
Schläge gegen den Bitcoin
Zuvor hatten bereits China, Japan und Südkorea zum Schlag gegen den Bitcoin und andere Kryptos ausgeholt. Im September vergangenen Jahres entschloss sich die chinesische Regierung, den Handel mit Bitcoins zu verbieten. Ende vergangenen Jahres traten dann auch in Südkorea Restriktionen in Kraft, mit deren Hilfe die Anonymität in den Bitcoin-Netzwerken außer Kraft gesetzt werden soll. Japan gilt generell eigentlich als sehr aufgeschlossen gegenüber den Kryptowährungen. Nicht zuletzt wohl, weil die Regierung hofft, dem verschnarchten Finanzsystem des Landes auf die Sprünge zu helfen und damit mittelfristig zu einem Zentrum der neuen digitalen Finanzwelt zu werden. Vor rund einem Jahr hat das Parlament in Tokio die Cyberwährungen Bitcoin und Ether als legale und konvertierbare Zahlungsmittel zugelassen. Seit vergangenem Juli entfällt sogar die Umsatzsteuer beim An- und Verkauf von Kryptogeld. Die japanische Financial Service Agency (FSA) erlebte in den vergangenen Monaten einen regelrechten Ansturm von Antragstellern auf Lizenzen, um einen Handelsplatz für Cybergeld eröffnen zu dürfen. Nach dem spektakulären Diebstahl von Kryptowährungen auf der Plattform Coincheck wollen nun jedoch auch die japanischen Behörden den Handel mit Kryptowährungen strenger kontrollieren als bisher. Nach dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos gerieten der Bitcoin und die anderen Cyberwährungen dann von allen Seiten unter Beschuss (reiner Zufall?). Die US-amerikanischen Finanzriesen Bank of America, JPMorgan Chase, Capital One, Discovery und Citigroup sperrten ihre Kreditkarten für den Einkauf auf Kryptowährungsbörsen. Wenig später folgte die britische Lloyds-Gruppe. Davon sind Millionen von Kunden weltweit betroffen.
»Das Imperium schlägt eben zurück«, sagte ein Frankfurter Banker hinter vorgehaltener Hand. Schließlich hätten die Banken am meisten zu verlieren, sollten die Kryptowährungen weiter an Boden gewinnen. Dann meldete sich auch der Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Agustin Carstens, zu Wort und forderte Zentralbanken und Aufsichtsbehörden zu einer schärferen Regulierung von Kryptowährungen auf. Den Bitcoin bezeichnete Carstens wörtlich als »eine Kombination aus Spekulationsblase, Schneeballsystem und Umweltkatastrophe«. Damit nicht genug: Das in Werbefragen ansonsten nicht eben zimperliche soziale Netzwerk Facebook kündigte zum Beispiel an, keine Werbung mehr für Kryptowährungen oder ICOs (= Initial Coin Offering) zuzulassen. Auch die US-Börsenaufsicht will verstärkt gegen diese ICOs vorgehen. Und die EU-Kommission richtet eine Beobachtungsstelle für Blockchain-Technologie ein. Dabei gehe es darum, »Risiken und Potenzial« dieser Technologie auszuloten, sagte Digitalkommissarin Mariya Gabriel Ende Januar in Brüssel. Dass mit der Bulgarin ausgerechnet eine EU-Kommissarin die Zuständigkeit für diese Themen hat, deren Land laut Index für die Digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) »immer noch hinterherhinkt«, sei nur am Rande vermerkt.
Begleitet wurde all dies durch höchst negative Kommentare von traditionellen Banken und deren Analysten. Mit an vorderster Stelle dabei: Goldman Sachs. Ausgerechnet als der Crash der Kryptowährungen einsetzte, veröffentlichte der Finanzkonzern einen Forschungsbericht, in dem es heißt, bei der »Bitcoin-Mania« sei eine noch größere Spekulationsblase zu befürchten als beim »Dot-Com-Hype« der 1990er Jahre.
Verdacht der Kursmanipulation
Auch die Medien, die einige Wochen zuvor noch den spektakulären Preisanstieg der Kryptos bewundert hatten, prügelten auf das Alternativgeld ein. Von einem Blutbad war da die Rede, von einem Milliardengrab und gigantischen Spekulationsblasen. Damit ein Crash besonders drastisch ausfällt, müssen die Kurse zuvor stark gestiegen sein – wie beim Bitcoin und den anderen Kryptos. Finanzexperte Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim sprach schon Anfang des Jahres vom »Verdacht krimineller Kursmanipulationen, mit denen der Preis zuvor künstlich nach oben getrieben wurde«. Keine Frage, mithilfe dieser konzertierten Aktion sollten die Kryptos niedergeknüppelt werden, damit die Menschen das Vertrauen verlieren.
Die implizite Botschaft: Schaut her, die Kryptos sind ja noch schlechter als unser Papiergeld. Tatsächlich wird hinter vorgehaltener Hand bereits kolportiert, hinter den jüngsten kriminellen Attacken auf die Krypto-Plattformen könnten große Nachrichtendienste stehen. Wer auch immer diese konzertierte Aktion losgetreten hat, das Ziel wurde – zunächst – erreicht. »Strengere Regulierungen und eine Flut an negativen Nachrichten haben viele Spekulanten zu Gewinnmitnahmen veranlasst«, kommentierte der Analyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader den Kurseinbruch bei den Kryptos. Strengere Regulierungen und negative Nachrichten – genau dieser Cocktail erwies sich für die Kryptos als brandgefährlich. Daran dürfte sich auch künftig nichts ändern, obwohl Beobachter, die weniger der Propaganda verpflichtet sind, die Dinge durchaus gelassener sehen. Der ehemalige Banker Rolf Bertschi etwa, der zu den renommiertesten Spezialisten der technischen Analyse zählt, vertrat auf dem Höhepunkt der Kryptokrise eine interessante These: Er rechnet längerfristig mit einem Aufwärtstrend für viele Kryptowährungen. Interessant werde sein, ob einige hochverschuldete Staaten Kryptowährungen lancieren. Kryptowährungen wären dann sozusagen eine Fortsetzung des gegenwärtigen Währungssystems – aber mit anderen Mitteln. Andere, wie Julian Hosp, Gründer des Zahlungsdienstes TenX, rechnen bereits im Laufe dieses Jahres mit einer deutlichen Erholung der Kryptos. Was bedeutet dies für den Anleger? Zumindest zweierlei: Er muss weiterhin mit einer hohen Volatilität der Cyberwährungen rechnen – und auch damit, dass Banken und Regierungen mit entsprechenden Maßnahmen die Kurse dieser Währungen drücken werden. Daher gilt nach wie vor die Empfehlung, nur einen sehr kleinen Teil des Vermögens in diese Währungen zu investieren und diesen auf zwei oder drei Kryptowährungen mit hoher Marktkapitalisierung zu verteilen. Vorsichtige Anleger sollten die Entwicklung der nächsten Wochen und Monate erst einmal abwarten und sich bis dahin passiv verhalten.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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