Andreas von Rétyi
Die NATO: Wie ein Riese sich selbst zerstört
Das 1949 als Verteidigungsstruktur gegen den Warschauer Pakt gegründete Atlantische Bündnis hat sich zu einem Moloch entwickelt. Kritiker sehen dessen Kollaps voraus. Aber noch viel schlimmer: die NATO könnte sich als wachsende Gefahr für den Weltfrieden erweisen.
Die NATO habe sich zu einem Monster entwickelt, das unter seinem eigenen Gewicht zusammenbrechen müsse. Nach dem Kalten Krieg habe sich eine Super-NATO entwickelt, ausgedehnt auf 29 Nationen mit einer Gesamtbevölkerung von nahezu einer Milliarde Menschen. Zunächst inkorporierte das Bündnis fast alle ehemaligen Mitgliedstaaten des Warschauer Pakts, dann die drei kleinen baltischen Staaten. Nun stehen Georgien und die Ukraine im Visier. Die NATO will für Sicherheit und weltweite Stabilität sorgen, doch die aggressive Expansion kann nur das Gegenteil bewirken. Viel zu einseitig ist die repräsentierte Weltsicht, viel zu groß der Druck, den das Bündnis ausübt. Und allzu klar ist die Intention, konkrete ökonomische und strategische Interessen des Westens, allen voran der USA, durchsetzen zu wollen, eben gerade auch mit militärischen Mitteln.
Als ob es darum ginge, das einnehmende Wesen der immer gewaltigeren NATO noch zu betonen, nannte das Brüsseler Hauptquartier die NATO-Militärübung, die im Juni 2016 in Nordpolen stattfand, zu allem Überfluss auch noch Anaconda 16. Anakonda – eine der weltweit größten Riesenschlangen, ein Fleischfresser, der seiner Beute auflauert, sie erdrückt und dann verschlingt. Das Großmanöver Anaconda 16 konstituierte sich aus rund 31 000 Soldaten fast sämtlicher NATO-Staaten und wurde »unter Beteiligung der NATO« durchgeführt. Im Fokus stand die Abwehr eines Angriffs durch ein »Land aus dem Norden«.
Größtes Militärmanöver seit einem Vierteljahrhundert
Die Übung fand ausgerechnet zu einer Zeit statt, als das Verhältnis zwischen NATO und Russland unter anderem durch den Syrien-Krieg besonders angespannt war. Seit rund einem Vierteljahrhundert hatte es in Polen kein Großmanöver dieses Ausmaßes gegeben. Die Botschaft an Russland war klar.
NATO-Kritik aus amerikanischer Sicht läuft vor allem darauf hinaus, dass dieses Bündnis auf Kosten der USA wachse. Es sei mittlerweile zu groß und strukturell auch zu zergliedert, was eine zunehmende Schwächung nach sich ziehe. Die USA seien die militärisch einzig bemerkenswerte Macht innerhalb der NATO. Jeder Staat, der sich dem Bündnis anschließe, bringe nur eine zusätzliche Verpflichtung für die Vereinigten Staaten mit sich. Wenige Mitgliedsnationen erreichen die Vorgabe, 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts Nur nach außen demonstrieren die NATO-Staats- und Regierungschefs Einigkeit für die Verteidigung auszugeben. Länder wie Litauen oder Estland verschwinden hier im Kalkül. Und die größeren Partner in Westeuropa kommen oft kaum in die Nähe der Forderung.
Eine »Mogelpackung«
Seit Ende des Kalten Krieges hätten die USA ihr Schicksal in die Hand jener Allianz gelegt und sich zum Schutz der Mitgliedstaaten verpflichtet, so erklärte der britische Militärhistoriker Lord Correlli Barnett. Sie alle hätten Sicherheit aus den USA »importiert«. Zu einem Export seien sie allerdings nicht in der Lage. Kritiker in den USA attestieren einen fatalen Trugschluss seitens der Regierungen von Ländern wie der Ukraine oder Georgiens, wenn sie sehr nachdrücklich um eine NATO-Aufnahme bemüht seien.
Dies bringe ihnen keineswegs ewigen Frieden und Sicherheit, sondern möglicherweise sogar den Untergang. Der große Schwindel einer riesigen, aber schwerfälligen, unpraktikablen NATO werde irgendwann einmal auffliegen, durch welche Herausforderung auch immer. Vielleicht auch durch weitere grenzüberschreitende Massenwanderung. Was die NATO bisher vorzuweisen habe, sei allerhöchstens US-Verdienst, erklären US-Beobachter. Hochgelobte Einsätze in Afghanistan hätten sich als teures Fiasko erwiesen, der Kampf gegen den Islamischen Staat ISIS sei mit Ausnahme einiger luftgestützter Einsätze Großbritanniens und Frankreichs vorrangig von den USA bestritten worden.
Wer über den NATO-Tellerrand blickt, wird bemerken, dass die USA nach Monaten nicht das gegen ISIS erreicht haben, was Russland an einem Wochenende erzielen konnte. Tatsächlich geben die Kritiker auch zu: Amerikas einziger wirksamer Alliierter bei solchen Operationen war Russland, selbst wenn dies nie gesagt und gewürdigt wurde. Demnach sei die Partnerschaft mit einer einzigen Supermacht für die USA unvergleichlich mehr wert als all die endlose, leere Rhetorik einer jeden anderen Nation innerhalb der NATO. Und je größer der Bund werde, desto schwächer werde er auch, da die neuen Mitglieder nur neue Belastungen mit sich brächten.
Medien reagierten hysterisch auf das Gipfeltreffen von Trump und Putin
Bemerkenswert ist dabei aber, wie unsere fanatischen Medien angesichts des Treffens von Trump und Putin reagierten, einmal abgesehen von jener Beobachtung, dass Russland sich als einzig verlässlicher Partner erwiesen habe. Man muss doch kein erklärter Trump-Freund sein, um festzustellen, dass hier endlich einmal das Richtige geschehen ist, weil die Präsidenten der USA und Russlands das faire Gespräch gesucht und gefunden haben. Prompt aber wird Trump vorgeworfen, Schwäche gezeigt zu haben. Andernfalls aber hätte man gewiss von Eitelkeit und gefährlichen Muskelspielen gesprochen. Das nächste bilaterale Treffen soll nun erst 2019 in Washington stattfinden. US-Präsident Trump ließ über seinen Sicherheitsberater John Bolton am 25. Juli mitteilen, warten zu wollen, bis die »Hexenjagd« um die angebliche Einmischung Russlands in die US-Wahlen vorüber sei.
Unverantwortliche Politik
Die wahren Kriegstreiber sind die kontrollierten Medien. Die hinter ihnen stehenden Gruppen sind vielfach identifiziert. Es ist längst kein unbelegtes Verschwörungsgeschwätz mehr, im Kontext die Bilderberg-Konferenzen zu nennen, bei denen NATO-Chefs permanent Gäste sind. Zu den »Bilderbergern« erklären Autoren wie Robert Gaylon Ross: »Es ist meine Meinung, dass sie die Eigner des US-Militärs, der NATO, des Secret Service, der CIA, des höchsten Gerichts und zahlreicher untergeordneter Gerichte sind.« Die NATO habe es allerdings immer noch nicht geschafft, wie eine Truppe zu operieren. US-General Frederick B. Hodges äußerte aus seiner Sicht: »Russland könnte die baltischen Staaten schneller erobern als wir dort wären, um sie zu verteidigen.«
Eine NATO-Mitgliedschaft von Georgien oder der Ukraine könnte beim kleinsten Missgeschick und einer Missinterpretation seitens Russlands direkt in die Katastrophe münden. Mit direktem Blick auf die NATO warnte der russische Präsident Wladimir Putin gerade erst diesen Juli davor, die Ukraine oder Georgien enger an sich zu binden. Er nannte eine entsprechende Politik unverantwortlich, sie könne zu unvorhersehbaren Konsequenzen führen. Wer die Historie der NATO betrachtet, wird nicht viel Gutes finden. Was hat die NATO letztlich gebracht und was wird sie noch bringen?
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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