Birgit Stöger

Fachkräftezuwanderungsgesetz:
»Macht hoch die Tür …«

Bereits beim UN-Migrations- und Flüchtlingspakt war die Bundesregierung mehr als bemüht, die Öffentlichkeit maximal uninformiert über den tatsächlichen Inhalt zu lassen. Nun wiederholt sich dies auf nationaler Ebene. Dort trägt das Vorhaben den Namen »Fachkräftezuwanderungsgesetz« und soll am 19. Dezember vom Kabinett auf den Weg gebracht werden. Ein Gesetz, das dazu geeignet ist, den deutschen Arbeitsmarkt und das Asylrecht auf dem Altar der ideologiegesteuerten Willkommenskultur unter dem Diktat von Wirtschaftslobbyisten zu opfern.

Einen Entwurf zum »Fachkräftezuwanderungsgesetz« haben Innen-, Wirtschafts-und Arbeitsministerium am 19. November den anderen Ministerien vorgelegt. Bereits einen Monat später soll das Gesetz per Kabinettsbeschluss verabschiedet werden. Medial überdeckt wird die Verabschiedung des Gesetzes sowohl von der Wahl des neuen CDU-Parteivorsitzenden auf dem CDU-Parteitag vom 6. bis 8. Dezember wie auch von der nur wenige Tage zuvor mutmaßlich erfolgten Unterzeichnung des UN-Migrations-und Flüchtlingspaktes durch die Bundesregierung in Marokko.

Was genau das »Einwanderungsgesetz« für den bundesdeutschen Bürger bereithält, wurde bislang – wie beim UN-Migrationspakt – ohne jegliche vernünftige Debatte höchst effektiv von der Öffentlichkeit ferngehalten. Selbst bei oberflächlicher Betrachtung der Rahmenpunkte des Entwurfs dieses angeblichen »Fachkräfteeinwanderungsgesetzes« wird schnell klar, dass es hier nicht um das Wohl derjenigen geht, »die schon länger hier arbeiten«.

… die Tor macht weit

Das von den Unionsfraktionen und der SPD geplante Einwanderungsgesetz sieht im Prinzip vor, dass künftig jeder nach Deutschland einreisen darf, der eine Ausbildung sucht. Nach dem »Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz« des Bundesinnenministeriums soll zudem jeder in Deutschland arbeiten dürfen, der als ausländische Fachkraft oder ausländischer Hochschulabsolvent einen Arbeitsplatz vorweisen kann, zu dem ihn seine Qualifikation befähigt. Liegt die Feststellung der Qualifikation nicht vor, soll »eine begrenzte Möglichkeit« geschaffen werden, sich »unter bestimmten Voraussetzungen« eine im Ausland erworbene Berufsausbildung erst nach der Einreise in Deutschland anerkennen zu lassen.

Bislang galt die sogenannte Vorrangprüfung. Das heißt, bei der Besetzung von Arbeitsstellen hatten Deutsche und andere EU-Bürger zunächst Priorität. Dies soll nun der Vergangenheit angehören. Neu ist diese Verfahrensweise freilich nicht. Schon im August 2016 wurde diese Regelung bereits geopfert. »Testhalber« verzichteten 133 von insgesamt 156 Bezirken der Bundesagentur (BA) für die Dauer von 3 Jahren auf die Vorrangprüfung, um das Heer von nicht bis minderqualifizierten Immigranten, die seit 2015 infolge einer unkontrollierten Massenimmigration nach Deutschland kamen, eine wie auch immer geartete Arbeit zu verschaffen, ohne vorher nachfragen zu müssen, ob es einen Bundes- oder EU-Bürger gibt, der diese Stelle besetzen könnte. Der Erfolg dieser »Maßnahme« ist bislang mehr als überschaubar.

Keine Engpassberufe mehr

Neben der Tatsache, dass künftig im Prinzip jeder in Deutschland arbeiten darf, der einen Arbeitsvertrag und »eine anerkannte Qualifikation« vorweisen kann – wobei nicht geklärt ist, was genau eine »anerkannte Qualifikation« ausmacht – entfällt ebenfalls die Beschränkung auf sogenannte Engpassberufe. Das heißt, dass das Augenmerk nicht mehr auf jenen Berufsfeldern liegt, in denen Fachkräfte angeblich so händeringend gesucht werden, sondern alle Berufsfelder offenstehen sollen.

Die sogenannten »Fachkräfte« sollen auch ohne konkretes Jobangebot 6 Monate lang zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen können. Wer unter 25 Jahren ist, darf sich sogar bis zu 9 Monate in der Bundesrepublik aufhalten, um einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu suchen. »Fachkräfte können sowohl einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung als auch eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche erhalten«, heißt es dazu in dem Entwurf. Die Regelung zur sogenannten Ausbildungsduldung sieht vor, dass abgelehnte Asylbewerber durch einen Abschiebungsstopp während ihrer Lehre plus 2 Gesellenjahre lang geschützt werden. Diese Regelung wird künftig auch auf Helferausbildungen ausgedehnt und soll – als Dreiplus- zwei-Regelung – in allen Bundesländern einheitlich angewendet werden.

Das von Wirtschaftsverbänden, SPD, Grünen und FDP unter der schmissigen Bezeichnung »Spurwechsel« geforderte Aufenthaltsrecht wurde umgetauft in eine 2-jährige »Beschäftigungsduldung«. Diese gilt für den »gut integrierten« Flüchtling, der über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und einen Job hat, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Gemeint ist damit aber nur der eigene Lebensunterhalt – also nicht der von Kindern und Angehörigen des »gut integrierten Flüchtlings«. Dabei dürfte es nicht allzu lange dauern, bis dann auch die Familie nach Deutschland nachzieht. Für deren Lebensunterhalt hätte dann nach Lage der Dinge der deutsche Steuerzahler aufzukommen. Zudem müssen die »Beschäftigungsgeduldeten« seit mindestens eineinhalb Jahren mit mindestens 35 Wochenstunden sozialversicherungspflichtig beschäftigt und seit mindestens 12 Monaten geduldet sein.

Die große Fachkräftemangel-Lüge

Seit geraumer Zeit stimmen Wirtschaftsvertreter in Kooperation mit der Regierung die Bevölkerung auf den sogenannten »Fachkräftemangel« ein und warnen in alarmistischen bis hysterischen Tönen vor Engpässen bei qualifizierten Arbeitskräften. Experten halten den Fachkräftemangel allerdings für ein Alibi. So auch Eric Seils, einer der Verfasser des jüngsten Reports des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zur Situation am deutschen Arbeitsmarkt.

Kein Fachkräftemangel

Insbesondere die Untersuchung der einschlägigen Studien des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zum Fachkräftemangel habe gezeigt, dass deren Angaben aufgrund einer fehlenden Gewichtung widersprüchlich und deutlich überhöht seien. Weder können derzeit 48 Prozent der Unternehmen offene Stellen längerfristig nicht besetzen, noch gebe es 1,6 Millionen offene Stellen.

Des Weiteren sei die Behauptung des DIHK, der Arbeitskräftemangel sei gerade in Branchen mit niedrigen Qualifikationsanforderungen wie bei Leiharbeit, Gastgewerbe, Straßengüterverkehr oder Sicherheitswirtschaft verbreitet, zurückzuweisen. Diese Branchen würden lediglich eine hohe Personalfluktuation aufweisen. Dies schlage sich in zahlreichen offenen Stellen nieder, weise aber in keiner Weise einen Mangel an Fachkräften nach. Es müsse festgestellt werden, dass die Klagen der Unternehmer über den Fachkräftemangel ein Ausdruck ihres Bestrebens sei, die Arbeitskosten niedrig zu halten.

Der Wissenschaftler kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis, dass ein Zuwanderungsgesetz mit dem Ziel, möglichst viele potenzielle Arbeitskräfte zu gewinnen, so wie die Bundesregierung es noch dieses Jahr verabschieden wird, nicht nur unnötig, sondern im Gegenteil schädlich sei. Wörtlich lautet die Empfehlung: »Eine Einwanderungspolitik, die den deutschen Niedriglohnsektor mit niedrig entlohntem Personal versorgen soll, ist ökonomisch schädlich und gefährdet die gesellschaftliche Akzeptanz einer tatsächlich wünschenswerten Einwanderung von Fachkräften. Eine Anwerbung von Arbeitskräften für Tätigkeiten mit niedrigen Qualifikationsanforderungen sollte daher unterbleiben.«

Lohndumping als Folge

Wie bereits bei den Anwerbeabkommen, welche die damalige Bundesregierung unter anderem mit der Türkei ab 1961 unterzeichnete, drängt sich auch beim »Fachkräftezuwanderungsgesetz« der Merkel-Regierung der Verdacht auf, dass Ausländer ganz bewusst in Konkurrenz zu einheimischen Beschäftigten treten sollen. Dass Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer zur Eile mahnt und das Zuwanderungsgesetz lieber heute als morgen umgesetzt sehen möchte, sollte einmal mehr nachdenklich stimmen. Man muss hier keine hellseherischen Fähigkeiten entwickeln, um voraussagen zu können, dass dies zwangsweise zu Lohndumping und einem gigantischen Verdrängungswettbewerb führen wird.

Seit 2011 gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Sie öffnete so den deutschen Arbeitsmarkt für mehr als 70 Millionen Bürger aus acht ost- und mitteleuropäischen Staaten. Ab 2014 galt dies dann auch für 21,3 Millionen Rumänen und 7,3 Millionen Bulgaren. Seither kommen – das ergab eine Kleine Anfrage der AfD an die Bundesregierung – durchschnittlich 59 000 Bulgaren und 149 000 Rumänen pro Jahr nach Deutschland (Stand Mai 2018), von denen eine zunehmende Zahl über eine Scheinbeschäftigung Anspruch auf Sozialleistungen wie beispielsweise Hartz IV sowie Wohn- und Kindergeld erhält.

Das geplante »Einwanderungsgesetz« wird eine Sogwirkung entwickeln und dazu führen, dass das Phänomen der Scheinbeschäftigungen von Migranten bei Firmen von Verwandten noch weiter zunehmen wird.

Pervertierung des Asylrechts

Dass durch die 3+2-Regelung der Rechtsstaat ad absurdum geführt wird und das Asylrecht zu einem Willkürrecht verkommt, mag dann nur noch als Petitesse herhalten. Dieser regierungsamtlich betriebene Missbrauch des Asylrechts missachtet gänzlich die Rechtsprechung, die besagt, dass eine Rückkehrpflicht keineswegs nur für nicht bleibeberechtigte Asylbewerber besteht. Auch bleibeberechtigte Asylbewerber müssen nach geltendem Recht in ihre Heimat zurückkehren, sobald deren Asylgründe nicht mehr bestehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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