Rob Slane

Haben Sie tatsächlich eine Chemiewaffenfabrik bombardiert, Frau Premierministerin?

Am 14. April bombardierten Großbritannien, die Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreich den souveränen Staat Syrien als Reaktion auf den bislang nicht belegten Vorwurf, die syrische Regierung habe am 7. April in der Stadt Duma Chemiewaffen eingesetzt. Kurz nach dem Angriff ließ die britische Premierminister Theresa May eine Presseerklärung veröffentlichen, in der es hieß:

»Gemeinsam haben wir eine sehr spezifische und begrenzte Reihe von Zielen getroffen. Es handelt sich um eine Einrichtung zur Lagerung und Herstellung von Chemiewaffen, um ein wichtiges Chemiewaffen-Forschungszentrum und einen Militärbunker. Sie alle waren an Chemiewaffen-Angriffen beteiligt. Indem wir diese Ziele mit der an den Tag gelegten Macht getroffen haben, haben wir die Fähigkeit des syrischen Regimes, Chemiewaffen zu erforschen, zu entwickeln und einzusetzen, spürbar reduziert.« [Hervorhebungen von mir]

Meinem Eindruck nach hat May eine von zwei Taten eingestanden und beide sollten dazu führen, dass sie ihres Amtes enthoben wird.

Nehmen wir sie beim Wort, dann hat es den Anschein, als habe May einen Angriff mit Marschflugkörpern befohlen, dessen Ziel eine Reihe Depots waren, in denen die Premierministerin chemische Waffen vermutetete. Das bedeutet, sie ist das Risiko eingegangen, dass toxische Chemikalien in die Atmosphäre gelangen. Man muss nicht groß erkären, wozu das hätte führen können – zumal einige dieser Orte in der Nähe von Wohngebieten liegen.

Hat sie hingegen die Bombardierung in dem Wissen angeordnet, dass diese Einrichtungen gar keine chemischen Waffen enthalten, dann ist ihre öffentliche Erklärung nach dem Bombenangriff falsch.

Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Entweder glaubte sie, in diesen Einrichtungen würden chemische Waffen gelagert. Dann war es ausgesprochen rücksichtslos und unverantwortlich, ein Bombardement anzuordnen. Für die Menschen in der Nachbarschaft hätte das katastrophale Folgen haben können. Oder sie wusste, es befinden sich dort keine Chemiewaffen. Dann wäre ihre Aussage vorsätzlich irreführend gewesen.

Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilt, hat die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) Barzeh, einen der Schauplätze des Raketenbeschusses, untersucht, und dort bislang keinerlei Beweise für Chemiewaffen gefunden.

Angenommen, wir glauben ihnen nicht. Das ist legitim, aber dann stehen wir trotzdem vor zwei Problemen:

Am 23. März – also gerade einmal drei Wochen vor den Luftangriffen der Amerikaner, Briten und Franzosen – veröffentlichte die OPCW einen Bericht, in dem es heißt, dass die OPCW-Inspekteure Barzeh zuletzt Ende November überprüft hätten und dabei keinerlei Beweise für chemische Waffen fanden.

Wenn jedoch das russische Verteidigungsministerium lügt oder Falschinformationen verbreitet und wenn die OPCW tatsächlich Beweise für Chemiewaffen in Barzeh gefunden hat, würde dies bloß zeigen, dass Theresa May und ihre Amtskollegen in den USA und Frankreich rücksichtlos eine Chemiewaffenfabrik bombardieren – und zwar ohne zu wissen, ob das nicht katastrophale Folgen für die Nachbarschaft haben könne.

Oder kennt jemand ein Szenario, bei dem sich Marschflugkörper »sicher« auf ein Chemiewaffenlager abwerfen lassen und gewährleistet ist, dass die dort geparkten toxischen Substanzen nicht zur Gefahr für die Menschen in der Umgebung werden können?

Es ist also ganz einfach: Treffen der OPCW-Bericht vom 23. März und die Behauptungen des russischen Verteidigungsministeriums vom 25. April zu, dann hat Theresa May die Öffentlichkeit in die Irre geführt, als sie behauptete, sie habe einen Angriff autorisiert, bei dem Chemiewaffen-Einrichtungen anvisiert und getroffen wurden. Stimmen Aussagen von OPCW und Russen nicht, dann hat Theresa May wissentlich befohlen, Einrichtungen zur Lagerung von chemischen Waffen zu attackieren – auch auf die Gefahr von katastrophalen Folgen für Unschuldige hin.

Jemand im britischen Parlament sollte ihr also folgende Frage stellen:

»Frau Premierministerin, am 14. April haben Sie Bombenangriffe auf drei Einrichtungen in Syrien genehmigt, in denen Ihrer Aussage zufolge chemische Waffen hergestellt und gelagert wurden. Wäre es dabei zum Austritt toxischer Substanzen in die Atmosphäre gekommen, hätten Sie die volle Verantwortung für eventuell resultierende Opfer in der Umgebung übernommen?«

Quelle: TheBlogMire