Torsten Groß

Hätte 9/11 verhindert werden können? – Bill Clinton untersagte Tötung Bin Ladens

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Am 11. September 2001 verübten islamische Extremisten mit Hilfe von Verkehrsflugzeugen Terroranschläge in den USA, denen unter anderem die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York zum Opfer fielen. Knapp 3.000 Menschen wurden bei den Angriffen getötet, mehr als 6.000 verletzt, unzählige weitere traumatisiert. Verantwortlich für die Anschläge war das Terrornetzwerk al-Qaida, das seine Basis in Afghanistan hatte.

Für viele Historiker bedeutet 9/11 eine Zäsur. Denn die Ereignisse an jenem Tag waren Auslöser für den vom damaligen Präsidenten George W. Bush ausgerufenen »Krieg gegen den Terror«, der den bis heute andauernden Militäreinsatz des Westens in Afghanistan sowie den zweiten Irakkrieg im Jahre 2003 zur Folge hatte. Außerdem wurde die Macht der Exekutive in den Vereinigten Staaten massiv ausgeweitet, um weitere Anschläge auf dem Territorium der USA zu verhindern. Der nationale Ausnahmezustand, den die Regierung 2001 verhängt hat, ist bis heute in Kraft.

Doch das alles hätte niemals geschehen müssen, denn der 11. September wäre zu verhindern gewesen. Das zumindest behaupten Alex Gansa und Howard Gordon in ihrem neuen Dokumentarfilm The Longest War. Die CIA hätte nämlich in den neunziger Jahren Gelegenheit gehabt, den Gründer und Anführer von al-Qaida zu töten, nachdem es mit Hilfe von Informanten gelungen war, seinen Standort in Afghanistan ausfindig zu machen.

Dass es dazu nicht kam, ist auf eine Anordnung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zurückzuführen gewesen, der die Tötung Bin Ladens untersagte. Clinton selbst bestätigte den Sachverhalt 2001 in einem Gespräch mit Wirtschaftsvertretern in Australien. Diese Information ist allerdings nicht neu.

Ein entsprechender Tonmitschnitt wurde vom US-Fernsehsender Sky bereits 2014 veröffentlicht. Der Ex-Präsident damals wörtlich:

»Ich hatte ihn fast erwischt. Und ich hätte ihn töten können, aber dafür hätte eine kleine Stadt namens Kandahar in Afghanistan zerstören und 300 unschuldige Frauen und Kinder töten müssen, und dann wäre ich nicht besser gewesen als er. Und so habe ich es einfach nicht gemacht.«

Die Äußerungen Clintons fielen übrigens am 10. September 2001. Nur 10 Stunden später rasten zwei von al-Qaida-Terroristen gesteuerte Passagierflugzeuge in die Zwillingstürme des New Yorker World Trade Centers!

Was bislang nicht bekannt war: Die US-Geheimdienste hatten weitere Gelegenheiten, Osama bin Laden auszuschalten, ohne das Leben unbeteiligter Zivilisten zu gefährden. Das enthüllt The Longest War, in der u. a. Bob Grenier zu Wort kommt, ehemaliger Leiter der CIA-Niederlassung in Pakistans Hauptstadt Islamabad: »Bin Laden war ständig in Bewegung, und wir nutzten afghanische Stammesnetzwerke, um über seine Reisen und seinen Aufenthaltsort zu berichten.« Mit Hilfe dieser Kanäle konnten die Geheimdienstler in Erfahrung bringen, wo der Terroristenführer zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer Karawane unterwegs sein würde. Die Afghanen schlugen deshalb vor, die US-Armee solle auf dieser Route eine Landmine platzieren, um Bin Laden zu eliminieren. Doch dazu kam es nicht. Denn Präsident Clinton hatte untersagt, Bin Laden zu töten. Hätten Angehörige der US-Sicherheitskräfte diesen Befehl missachtet, wären sie von der Justiz strafrechtlich belangt und mit Gefängnis bestraft worden. Die CIA durfte zwar an Angriffen auf Bin Laden in Afghanistan teilnehmen. Es war dem Geheimdienst aber verboten worden, den al-Qaida-Führer zu exekutieren. Das geschah erst sehr viel später, am 2. Mai 2011, in der Regierungszeit von US-Präsident Barack Obama.

»Es ist jetzt kaum zu glauben, aber in den späten 90er Jahren haben die meisten nationalen Sicherheitsbehörden in Washington – darunter Präsident Clinton, das Außenministerium und das Verteidigungsministerium – Osama bin Laden und al-Qaida schlichtweg nicht als ernsthafte Bedrohung angesehen. Die Handvoll US-Beamter, die die Bedrohung deutlich sahen – und es gab einige, meist Beamte auf mittlerer Ebene in der Bin Laden-Einheit der CIA und in der Abteilung für Terrorismusbekämpfung beim FBI –, versuchten vergeblich, Alarmglocken auf höchster Ebene zu läuten. Sie wurden aber oft ignoriert und sogar verspottet«, so Greg Barker, Regisseur der Dokumentation.

Die Ignoranz der Clinton-Administration ist in der Tat kaum nachvollziehbar, um nicht zu sagen skandalös. Das 1988 gegründete Terrornetzwerk al-Qaida, das aus dem Partisanenkampf gegen die sowjetischen Besatzer in Afghanistan hervorging, hatte bereits Anfang der neunziger Jahre die USA als neues Feindbild ins Visier genommen. Am 26. Februar 1993 wurde ein schwerer Bombenanschlag auf das World Trade Center in New York verübt, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen und etwa 1.000 verletzt wurden. Wären die voll besetzten Zwillingstürme – wie von den Terroristen geplant – schon damals eingestürzt, hätte es bis zu 100.000 Tote geben können. Nur wenige Monate später, am 24. Juni 1993, konnten weitere Attentate in New York unter anderem auf das UN-Hauptquartier und die George-Washington-Brücke von den Sicherheitsbehörden vereitelt werden. Zehn Männer wurden festgenommen. Es handelte es sich um Mitglieder der militanten ägyptischen Islamistenbewegung Gamaa Ilamija, die von al-Qaida finanziell unterstützt wurde.

Es folgten zahlreiche weitere Anschläge, die heute dem Terrornetzwerk al-Qaida zugerechnet werden, so auch die zeitgleich ausgeführten Bombenattentate auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania) am 7. August 1998. In der Berichterstattung über diese Terrorakte tauchte in westlichen Medien erstmals der Name al-Qaida auf. Die Öffentlichkeit erfuhr, dass der US-amerikanische Inlandsgeheimnis FBI durch einen Informanten Kenntnis von Ausbildungslagern einer international operierende Dschihadistenbewegung hatte, die sich al-Qaida nannte und deren Kopf der aus Saudi-Arabien stammende Geschäftsmann Osama Bin Laden war.

979100_thor_kunkel_woerterbuch_luegenpresseSpätestens zu diesem Zeitpunkt war den amerikanischen Sicherheitsbehörden die Person Bin Ladens und seine Rolle als führender islamistischer Terrorist bekannt, möglicherweise aber auch schon früher. Dennoch verhinderte Präsident Bill Clinton, der zwischen 1993 und 2001 regierte, dass Bin Laden durch den US-Geheimdienst ausgeschaltet wurde, obwohl – wie Insider in der jetzt veröffentlichten Doku bestätigen – mehrfach die Gelegenheit dazu bestand. »Bill Clinton hatte vor dem 11. September nicht den Mut, das Notwendige zu tun. George Bush nahm die Bedrohung nicht ernst genug, als er ins Amt kam, und reagierte dann schwer über, als diese Bedrohung erkannte, und Obama tat nicht, was er während seines Wahlkampfs versprochen hatte – nämlich die Kriege zu beenden«, kritisiert Doku-Produzent Gansa.

Marty Martin, ein leitender Anti-Terror-Experte bei der CIA, ergänzt: »Und wenn Präsident Clinton Maßnahmen ergriffen und Osama bin Laden getötet hätte, hätte es keinen 11. September gegeben, und wenn es keinen 11. September gegeben hätte, hätte es kein Afghanistan gegeben, und wenn es kein Afghanistan gegeben hätte, hätte es keinen Irak gegeben. Wie würde die Welt dann heute aussehen?«

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Sonntag, 26.04.2020