Birgit Stöger

Illegale Grenzöffnung dürfte vor dem BVG Rechtsgeschichte schreiben

Die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage Angela Merkel 2015 die Grenzen Deutschlands für mehrheitlich junge muslimische Männer öffnete, ist bislang nicht geklärt. Die Bundestagsfraktion der AfD hat nun eine sogenannte Organklage beim Bundesverfassungsgericht (BVG) eingereicht. Gegenstand der Klage: »Die Missachtung der Mitwirkungsrechte des Bundestages bei der langjährigen Aufrechterhaltung der mündlichen Entscheidung zur Grenzöffnung vom September 2015«.

Eine Organklage beziehungsweise ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht kann dann angestrebt werden, wenn Streit zwischen obersten Bundesorganen oder diesen gleichgestellten Beteiligten über ihre Rechte und Pflichten aus dem Grundgesetz besteht. Ein solches Verfahren ist notwendig, weil die Organe untereinander keine Weisungsbefugnis besitzen. Indem es die wechselseitige gerichtliche Kontrolle der Verfassungsorgane ermöglicht, sichert das Organstreitverfahren die gewaltenteilige politische Willensbildung. So die Definition mit weiterführenden Beispielen auf der Internetseite des Bundesverfassungsgerichts (BVG).

Schweigen im Mainstream-Blätterwald

Nur die wenigsten Mainstream-Medien haben über die Organklage der AfD berichtet. In so gut wie keinem der sogenannten Qualitätsmedien fand die Klage auch nur ein Wort der Erwähnung. Nur durch ein Youtube-Video, in dem der Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordnete der Thüringer AfD, Stephan Brandner, die Organklage ankündigte, erfuhr die Öffentlichkeit überhaupt davon. Allein die »freien Medien« berichteten darüber. Darunter der Internetblog Achgut.com, der zudem beim Bundesverfassungsgericht nachfragte und sich hierbei auf die Ankündigung des AfD-Politikers Brandner bezog, der ebenfalls als Vorsitzender im Rechtsausschuss des Bundestags sitzt.

Der Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts, Dr. Max Schoenthal, bestätigte gegenüber dem Internetblog die eingegangene Klage: »Ein solches Verfahren ist hier am 14. April dieses Jahres eingegangen und wird unter dem Aktenzeichen 2 BvE 1/18 geführt. Der Antrag ist auf die Feststellung der Verletzung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestags in Einwanderungsfragen gerichtet. Ein Entscheidungstermin ist noch nicht absehbar.« Spätestens nach dieser Berichterstattung waren die Mainstream-Medien, die wiederum die »freien Medien« mit Argusaugen beobachten, sowohl über die Organklage der AfD wie auch über deren bestätigten Eingang beim Bundesverfassungsgericht im Bilde. Jedoch erachteten es die Redaktionen von Spiegel bis Zeit selbst dann nicht als notwendig, die breite Öffentlichkeit zu unterrichten. Der genaue Text der Klage wurde vom BVG noch nicht weitergegeben. Gegenüber dem Internetblog »Achgut« teilte der BVG-Pressesprecher mit, man wolle noch keine Einzelheiten zur Antragsschrift der AfD-Bundestagsfraktion nennen. Die Pressestelle der AfD-Bundestagsfraktion hat ihrerseits zu diesem Thema eine Pressekonferenz angekündigt, bei der dann spätestens der Inhalt des gesamten Klagetextes bekanntgegeben wird.

»Herrschaft des Unrechts«

Das Bundesverfassungsgericht dürfte mit der Klage schon länger gerechnet haben. So hatte die CSU-Führung nach Horst Seehofers Aussage zur »Herrschaft des Unrechts« – untermauert durch ein umfangreiches Rechtsgutachten, erstellt von Professor Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D. und Direktor des Instituts für Öffentliches Recht (Abteilung Staatsrecht) der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – ganz Ähnliches bereits im Februar 2016 in der Parteischublade. Wir erinnern uns, dass der damalige bayerische Ministerpräsident verkündete: »Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung« – »Es ist eine Herrschaft des Unrechts«, so das damalige Klagen von Seehofer, nun Bundesinnenminister, in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse. Jedoch wurde – aus purer Sorge um den eigenen Machterhalt – die Verfassungsklage gegen Angela Merkel fallengelassen.

Doch sonderbar: Keine zwei Jahre später verkündete der mittlerweile zum Bundesinnenminister avancierte Horst Seehofer überraschend, auf die bisherigen systematischen Kontrollen für Flüge aus Griechenland – einem der Haupteinfallstore illegaler Immigration – verzichten zu wollen.

Angela Merkels Grenzöffnung – ein historischer Rechtsbruch

Namhafte Staatsrechtler, Verfassungsrichter und Gerichte hatten sich bereits mit der Frage befasst, inwieweit die einsame Entscheidung Angela Merkels – ohne dass diese das Parlament oder gar die Bürger dieses Landes um Einwilligung gebeten hätte – verfassungskonform war.

Fakt ist, dass die fortwährende Grenzöffnung über mehr als zweieinhalb Jahre hinweg ohne irgendeinen formellen Beschluss des Bundestags gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstößt.

Nach Paragraph 18 Abs. 2 AsylG ist Asylsuchenden die Einreise zu verweigern, sofern diese aus einem sicheren Drittstaat einreisen oder Indizien dafür vorliegen, dass ein anderer Dublin-Staat für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist. Solch eine weitreichende und lang andauernde Entscheidung, die Merkel in Form der Grenzöffnung ohne rechtliche Grundlage getroffen hatte und die bislang weit über 1,5 Millionen mehrheitlich muslimische Menschen nach Deutschland gespült hat, kann nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung nur durch die Gesetzgebung im Bundestag beschlossen werden. Wie die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags nachgewiesen haben, hat die Bundesregierung bis heute noch nicht einmal eine annähernd exakte Rechtsgrundlage hierfür benannt (WD 3 – 3000 – 109/17, S. 10).

Rechtswissenschaftler erkannten bereits zu Beginn des Jahres 2016 »rechtsfreie Räume« bei der Sicherung der deutschen Außengrenzen und sprachen von einer »Krise des Rechts und der parlamentarischen Demokratie in Deutschland«. Der Befürchtung, der »Rechtsstaat sei im Begriff, sich im Kontext der Flüchtlingswelle zu verflüchtigen«, wurde mehrfach Ausdruck verliehen. Wieder andere machten einen »fortwährenden Rechtsbruch« geltend und gingen zudem von einer Strafbarkeit der Bundeskanzlerin wegen Beihilfe zur illegalen Einreise aus. Mehrfach wurde die »Rückkehr zum Recht« durch eine Entscheidung des Bundestags beziehungsweise ein »parlamentarisches Gesetz« gefordert, da die Kanzlerin keine Kompetenz habe, »geltendes Recht außer Kraft zu setzen«. Die Richter des Oberlandesgerichts Koblenz urteilten am 14. Februar 2017 unter dem Aktenzeichen 13 UF 32/17: »Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich … seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt.«

Dringend notwendige Debatte

Nicht nur das BVG muss sich nun mit der Grenzöffnung befassen, auch die »Gemeinsame Erklärung 2018«, initiiert durch die Autorin und Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld, stellt sich gegen die rechtswidrige dauerhafte Grenzöffnung und die dadurch bedingten, immer deutlicher werdenden Verwerfungen in unserer Gesellschaft. Vor wenigen Tagen wurde die Erklärung 2018, die mit über 160 000 Unterzeichnern zur größten politischen Online-Petition angewachsen ist, im Paul-Löbe-Haus in Berlin an den Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Marian Wendt, übergeben. Die Unterzeichner hoffen nun, dass es eine öffentliche Anhörung der Petenten im Ausschuss geben wird.

Den Verfassungsbruch der Bundesregierung möchte die AfD-Fraktion vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wissen. Beobachter sind sich schon sicher, dass die nun beim Bundesverfassungsgericht liegende Klage in die Rechtsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland eingehen wird.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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