Torsten Groß
Justizposse in Göttingen: Achgut-Autorin Schunke wegen Volksverhetzung verurteilt – zuständige Staatsanwältin parallel für Meldestelle aktiv, welche die Journalistin anzeigte
Weil die alternative Journalistin Anabel Schunke im April 2022 auf 𝕏 (damals noch Twitter) öffentlich einen großen Teil der in Deutschland lebenden Sinti und Roma scharf kritisierte, muss sie sich jetzt wegen vermeintlicher »Volksverhetzung« vor Gericht verantworten. Besonders pikant: Die für das Strafverfahren zuständige Staatsanwältin ist gleichzeitig für die »Zentralstelle für Hasskriminalität im Internet« aktiv, kann also im Namen dieser »Meldestelle« Strafanzeige erstatten und anschließend als Staatsanwältin die Ermittlungen einleiten und führen.
Achgut-Autorin Anabel Schunke schreibt auf 𝕏:
»Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich öffentlich etwas zu meinem Fall sagen soll. Als jemand, der nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, der nicht mal die Nerven hätte, eine Kaugummi-Packung im Drogeriemarkt zu klauen, ist so ein Strafverfahren auch für die Psyche schon eine hammerharte Angelegenheit, bei der man auch immer fürchtet, dass etwas von dem Dreck, mit dem man beworfen wird, hängen bleibt. Vor dem Hintergrund dessen, welch antidemokratische Transformation sich hier gerade unter Federführung der Ampel-Regierung vollzieht, mit welchen Mitteln der politische Gegner mittlerweile bekämpft wird, halte ich es jedoch für richtig, meinen Fall nun dieser öffentlichen Beweisführung über das, was hier gerade geschieht, hinzuzufügen. Zudem hat man sich, wie zu erwarten, bei der Goslarschen Zeitung dieser Schmierenkampagne angeschlossen und einen Artikel dazu verfasst, der mir jetzt bereits heut morgen eifrig von Leuten aus meiner Heimatstadt zugeschickt wurde. Vielen Dank also auch an die Goslarsche Zeitung, dass ihr direkt alle informiert habt.«
»Ich wurde im September 2022 wegen Volksverhetzung angezeigt. Grund dafür war ein Post auf X (damals noch Twitter) vom 08.04.2022. Im Strafbefehl heißt es:
›Ein großer Teil der Sinti und Roma in Deutschland und anderen Ländern schließt sich selbst aus der zivilisierten Gesellschaft aus, indem sie den Sozialstaat und damit den Steuerzahler betrügen, der Schulpflicht für ihre Kinder nicht nachkommen, nur unter sich bleiben, klauen, Müll einfach auf die Straße werfen und als Mietnomaden von Wohnung zu Wohnung ziehen. Wer das benennt, wird von der eigenen Innenministerin des neu erfundenen ›Antiziganismus‹ bezichtigt. Wie jedwede andere Kritik an einer jahrzehntelang völlig fehlgeleiteten Zuwanderungspolitik soll auch diese unter dem Rassismusvorwurf erstickt werden. Als Deutscher bist du damit mittlerweile nicht mehr als ein Zahlsklave im eigenen Land, der alles hinnehmen muss, was ihm vorgesetzt wird.‹
Man teilte mir mit, dass nach hiesiger Bewertung eine strafrechtliche Relevanz gemäß §130StGB (Volksverhetzung) vorliegen könne. Mittlerweile vier Anwälte, die im Laufe der Zeit mit dem Fall beschäftigt waren, sehen das anders.
Mein Anwalt beantragte damals Akteneinsicht und fand so heraus, dass die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser neu geschaffene ›Meldestelle für Hasskriminalität im Internet‹ hinter der Anzeige gegen mich steckt.
Mein Anwalt versuchte die Sache abzuwehren.
Wir argumentierten stichhaltig u.a. mit zahlreichen Artikeln, die die von mir getätigten Aussagen faktisch untermauern sollten.
Zudem zielte mein Post im zweiten Absatz deutlich auf eine Kritik an der derzeitigen Politik von Bundesinnenministerin Nancy Faeser ab und nicht auf eine pauschale Verunglimpfung aller Sinti und Roma.
Ich spreche ich von einem ›großen Teil‹ und nicht von einem ›Großteil‹ oder gar ›allen‹.
Damit gab man sich jedoch nicht zufrieden und das Ding landete vor dem Amtsgericht. Ich beschloss in Absprache mit meinem Anwalt, der kein Strafrechtler ist, und sich bis dato hauptsächlich erfolgreich um meine Sperrungen auf Twitter und Meta kümmerte, die renommierte Kanzlei Höcker aus Köln in diesem Fall hinzuziehen. Auch hier kam man innerhalb der Kanzlei zur selben Einschätzung, nämlich, dass diese Äußerung mitnichten den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Das Kuriose: Der Richter, der den Strafbefehl später selbst verhängte, verweigerte das zunächst. Nach seiner Rechtsauffassung (!) war der Tweet eine zulässige Kritik an Nancy Faeser und eben nicht strafbar. Er lehnte den Erlass des Göttinger Strafbefehls daher ab. Eine riesengroße Last fiel von mir ab. Ich dachte, ich hätte es hinter mir. Das Verfahren wäre damit beendet gewesen. Doch für die Göttinger Staatsanwältin war der Fall nun von solch großer Bedeutung, dass sie Beschwerde einlegte.«
»Und nun wird es noch kurioser: Die zuständige Staatsanwältin in Göttingen ist zugleich für die Meldestelle von Nancy Faeser tätig. Es gibt also de facto keine wirkliche Trennung zwischen der Meldestelle auf der einen Seite und der zuständigen Staatsanwaltschaft, die das dann bewertet. Die zuständige Person bei der Meldestelle ist eben zugleich auch die zuständige Staatsanwältin in Göttingen.
Dass eine solche ›Personalunion‹ überhaupt rechtsstaatlich zulässig sein kann, hätte ich nie gedacht. Meine Anwälte waren von diesem ›Überengagement‹ der Staatsanwaltschaft, die ansonsten oft über ihre dünne Personaldecke und Überbelastung klagt, auch sehr überrascht.
Meine Recherche ergab dann, dass die zuständige Meldestellen-Staatsanwältin regelmäßig zum Thema „Hass und Hetze“ im Netz publiziert. Vielleicht ist ihr mein Strafbefehl deshalb so wichtig. Es wird allmählich klar, dass die ganze Sache gegen mich, hochgradig politisch motiviert ist. Lange Rede kurzer Sinn: Die Sache ging also zum Landgericht und dort wurde dann entschieden, dass der zuständige Richter vom Amtsgericht, der den Strafbefehl abgelehnt hatte, seine Entscheidung doch noch einmal überdenken möge. Das Pikante: Ein ganzer Absatz meines Tweets (aus dem sich die zentrale Botschaft an Nancy Faeser ergibt) wurde in die Entscheidungsfindung gar nicht einbezogen. Dass der Tweet unter dem grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit steht, wurde offenbar gar nicht erkannt, jedenfalls steht davon nichts in der Entscheidung. Am Ende wurde dann zum Amtsgericht zurückverwiesen, und der Richter, der den Strafbefehl zunächst abgelehnt hatte, machte nun auf ›Geheiß‹ des Landgerichts die 180-Grad-Wendung und erließ den Strafbefehl entgegen seiner ursprünglichen Rechtsauffassung doch.
Ich war runter mit den Nerven. So etwas zieht sich ja ewig.
Mittlerweile war es Ende 2023. Ich wollte unter keinen Umständen vor Gericht, weil mich die Rechtsstreits der letzten Jahre bereits psychisch an meine Grenzen gebracht haben und ich deshalb mittlerweile an richtigen Panikattacken leide. Ich war also psychisch so runter, dass ich trotz des empfundenen Unrechts und dem unterstellten politischen Willen, bereit war, den Strafbefehl anzuerkennen, damit ich einfach nur meine Ruhe habe und nicht vor Gericht muss.
Allerdings wurde mir davon abgeraten.
Zumal es eben nach Einschätzung diverser Anwälte absolut keine Volksverhetzung ist. Mittlerweile sind diverse Anwälte in den Fall involviert. Man kann sich also vorstellen, was das an Zeit, Nerven und Geld kostet und man darf sich auch durchaus wundern, welche Ressourcen der Staat hier frei macht, um jemanden wegen eines solchen Postings strafrechtlich zu verfolgen.«
»Meine Anwälte waren bis zuletzt guter Dinge, dass wir einen Freispruch erwirken werden, weil es halt einfach nach der Einschätzung aller Juristen, die sich das angeschaut haben, keine Volksverhetzung ist. Dieser Optimismus wurde nicht erfüllt. Die Staatsanwaltschaft forderte gar 120 Tagessätze à 60 Euro. Der Richter urteilte schließlich auf 90 Tagessätze à 60 Euro. Zum Vergleich: Mein Anwalt sagte mir nach der Verhandlung, dass man 90 Tagessätze für gewöhnlich dafür kriegt, wenn man jemandem den Kiefer bricht. Aber so ist das eben mit den Prioritäten hier in diesem Land. Vorbestraft ist man damit übrigens nicht.
Da meine Anwälte nach wie vor geschlossen die Ansicht vertreten, dass es sich bei meinem Post nicht um eine Volksverhetzung handelt, haben wir im umgehend Berufung gegen das Urteil einlegt, das somit nicht rechtskräftig ist. Dennoch titelt die Goslarsche Zeitung heute groß mit einem Bild von mir, dass ich wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist mittlerweile so erschüttert, dass ich keine Prognose mehr wage. Ich habe seitdem massive Ängste und auch zunehmende psychische Probleme. Und genau das macht so etwas mit Menschen.
Es ist eine schleichende Zermürbung. Bis man irgendwann keine Kraft mehr hat und solche Urteile einfach akzeptiert. Aber das werde ich nicht. Es ist nach der Einschätzung aller Experten keine Volksverhetzung. Es ist Nancy Faesers Meldestelle, die hinter der Anzeige steckt und es ist politisch motiviert.«
»Es soll etwas an mir hängen bleiben und das tut es ja jetzt auch schon. ›Volksverhetzung.‹“ Das klingt schlimm. Das klingt verdächtig und rechtsextrem. Und deshalb hat man es in der Presse auch direkt dankenswerter Weise aufgenommen und weitere werden vermutlich folgen. Damit das dann das erste ist, was Leute sehen, wenn sie mich googlen. Für jemanden, der nie mit dem Strafrecht zu tun hatte, ist das einfach richtig richtig übel und ich wollte an dieser Stelle auch mal zeigen, was das mit Menschen macht. Welcher Psychoterror das auch ist und wie unerträglich es ist, zu sehen, wie man selbst verfolgt wird und andere können sich in diesem Land augenscheinlich benehmen wie die Axt im Walde. Wie gesagt: Hier passieren ungute Dinge. Und ich unterstelle, dass die Sache gegen mich dazugehört«
Der prominente wie erfolgreiche und in der Branche gefürchtete Kölner Medienanwalt, Prof. Dr. Ralf Höcker, schreibt dazu auf 𝕏:
»Kritik an Nancy Faeser ist jetzt antiziganistisch und strafbar Wer die ›Antiziganismus‹-Meldestelle von Nancy Faeser kritisiert, ist selbst antiziganistisch und wird von einer Staatsanwältin der Meldestelle als antiziganistischer Volksverhetzer strafrechtlich angeklagt. Es ist so praktisch, wenn das angeblich beleidigte Opfer in Personalunion gleich selbst Anklage erheben kann.
Natürlich werden das Urteil gegen Anabel Schunke und dieser offen rechtsstaatswidrige Irrsinn in der nächsten Instanz keinen Bestand haben.
Alle Beteiligten müssen das wissen, trotzdem wird es durchgezogen. Die Maßstäbe (und nicht nur die) sind vollkommen verrückt.«
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Samstag, 10.08.2024