Torsten Groß

Meinungsfreiheit: Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität

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Der bei Deutschlands Internetnutzern bekannte Internetblogger und frühere TV-Journalist Michael Mross verortet einen »rechtsstaatlichen Dammbruch«. Gemeint ist das »Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität«, das vom SPD-geführten Justizministerium erarbeitet und in der vergangenen Woche von der Bundesregierung beschlossen wurde. Nun müssen Bundestag und Bundesrat über die Vorlage entscheiden.

Worum geht es? – In Reaktion auf den versuchten Anschlag auf eine Synagoge in Halle, bei dem im Oktober letzten Jahres zwei Menschen durch einen rechtsextremistisch motivierten Attentäter erschossen wurden, will die Große Koalition den Kampf gegen Hasskriminalität vor allem im Internet verstärken. Erklärtes Ziel des Bundesjustizministeriums ist es, den »Nährboden für Hetze und Gewalt« im Netz auszutrocknen. Im Mittelpunkt steht dabei die Erweiterung der 2013 eingeführten Bestandsdatenauskunft für Telekommunikationsanbieter, die nun auch auf Betreiber von Telemedien (Foren, soziale Netzwerke, Chatdienste usw.) ausgedehnt werden soll. Der Staat will also nicht mehr nur die Datenübermittlung, sondern auch die Kommunikationsinhalte im Internet überwachen, um Nutzer bei Rechtsverstößen wirksamer als bislang sanktionieren zu können.

Buch Hans-Jürgen Papier. Die Warnung.Dabei geht es allerdings nicht allein um die Bekämpfung von »Hasskriminalität«, wie der Öffentlichkeit im Titel der Gesetzesvorlage vorgegaukelt wird. Denn neben Justiz und Geheimdiensten sollen auch Behörden, die zum Beispiel Ordnungswidrigkeiten ahnden, gegen Schwarzarbeit vorgehen oder Urheberrechtsverletzungen bekämpfen, auf die Bestandsdaten von Internetnutzern zugreifen können. Zu diesen Bestandsdaten zählen laut Gesetz neben dem Namen und der Anschrift ausdrücklich auch Passwörter, mit denen der Nutzer den Zugang etwa zu seinem Userkonto oder Endgeräten schützt. Im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums war ursprünglich vorgesehen, dass die im Gesetz autorisierten Behörden pauschal berechtigt sein sollen, diese Passwörter bei den Dienstanbietern abzufragen.

Nach geharnischten Protesten von Datenschützern hat man diese Bestimmung abgemildert: Die Herausgabe von Passwörtern darf nur verlangt werden, wenn es um die Verfolgung schwerer Straftaten wie Terrorismus oder Tötungsdelikte geht. Außerdem muss ein entsprechender richterlicher Beschluss vorliegen. In der Praxis wird dieser Richtervorbehalt allerdings wenig zum Schutz der Betroffenen beitragen. Denn die Justiz ist chronisch überlastet, es fehlt an Personal. Kaum ein Richter hat die Zeit, sich ausführlich mit umfänglichen Ermittlungsakten zu befassen, weshalb Anträge der Staatsanwaltschaften oftmals nur »durchgewunken« werden dürften.

Die Anbieter von Telemedien werden durch das neue Gesetz aber nicht nur verpflichtet, auf staatliche Anforderung Nutzerdaten herauszurücken. Sie sollen auch sehr viel stärker als bislang in den Kampf gegen Hasskriminalität einbezogen werden. Soziale Netzwerke – darunter versteht der Gesetzgeber Plattformen im Internet, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und die dazu bestimmt sind, Nutzern die Möglichkeit zu eröffnen, beliebige Inhalte mit anderen Nutzern zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen – müssen künftig »offensichtlich rechtswidrige« Inhalte nicht mehr nur löschen, wie es bereits das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) vorschreibt, sondern an eine neue, beim Bundeskriminalamt (BKA) eingerichtete Zentralstelle (Kritiker sprechen von einer »Verdachtsdatenbank«) melden.

Diese Meldepflicht ist bußgeldbewehrt. Das BKA soll dann Strafverfolgungsmaßnahmen durch die zuständigen Behörden gegen die Urheber der jeweiligen Inhalte veranlassen. Von dieser Regelung betroffen sollen alle Anbieter sein, deren Plattformen mindestens zwei Millionen Nutzer in Deutschland zählen. Der Gesetzesentwurf nimmt also große Anbieter wie Facebook und Twitter in den Fokus. Ob es bei dieser Beschränkung bleiben wird, ist allerdings fraglich. Denn die Erfahrungen der jüngeren Zeit zeigen, dass sich Extremisten häufig in kleineren Foren aufhalten, um sich dort mit Gleichgesinnten auszutauschen und zu radikalisieren. Auf kurz oder lang dürften deshalb auch die Betreiber von Telemediendiensten mit geringerer Reichweite in den Kreis der Verpflichteten einbezogen werden.

Laut Gesetzesbegründung sollen nur solche Inhalte von der Meldepflicht betroffen sein und an das BKA übermittelt werden, »bei denen es konkrete Anhaltspunkte für die Erfüllung eines Straftatbestandes gibt und die anhaltende negative Auswirkungen auf die Ausübung der Meinungsfreiheit in den sogenannten sozialen Medien haben können«. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, obliegt der Beurteilung durch die Diensteanbieter. Die müssen immer dann tätig werden, wenn sie durch Beschwerden von Nutzern auf fragwürdige Äußerungen aufmerksam gemacht werden.

Genau an dieser Regelung, die an entsprechende Vorschriften des NetzDG anknüpft, entzündet sich die Kritik. Es stellt sich nämlich die Frage, wie Mitarbeiter sozialer Netzwerke mit oftmals nur rudimentären juristischen Kenntnissen in kurzer Zeit die Rechtmäßigkeit von Inhalten beurteilen sollen, über deren Zulässigkeit Anwälte und Gerichte mitunter Monate oder gar Jahre streiten. Um möglichen Bußgeldforderungen zu entgehen, die das NetzDG schon heute vorsieht, werden Postings im Zweifel lieber gelöscht, was zu Lasten der Meinungsfreiheit gehen dürfte. Künftig müssen diese Inhalte aber nicht mehr nur entfernt oder gesperrt, sondern nebst Name und Anschrift bzw. IP-Adresse und Portnummer des Autoren an das BKA gemeldet werden.

Und das auf »Zuruf« oftmals linker Aktivisten bzw. Organisationen, denen es nicht in erster Linie um die Bekämpfung strafbarer Handlungen, sondern um die Unterdrückung missliebiger Ansichten von Andersdenkenden im Internet geht. Es ist absehbar, dass infolge des neuen Gesetzes viele Menschen in den Blick der staatlichen Strafverfolgungsbehörden geraten werden, die sich zwar politisch möglicherweise inkorrekt geäußert, nicht aber gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen haben.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Katalog der rechtswidrigen Inhalte des § 1 Absatz 3 NetzDG erweitert und die darin enthaltenen Strafnormen teilweise verschärft werden. So soll künftig auch die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB dazu führen, dass entsprechende Postings gelöscht bzw. an das BKA gemeldet werden müssen. Wann der Tatbestand der »Verunglimpfung« – Juristen verstehen darunter eine grobe und schwerwiegende Herabsetzung – im Einzelfall vorliegt, ist interpretationsoffen. Im Zweifel kann bereits eine allzu deutliche Kritik an früheren Äußerungen eines verstorbenen Politikers zu Sanktionen gegen den Urheber führen. Ein Verstoß gegen § 189 StGB wird übrigens mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet. Die bloße Androhung einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 StGB soll künftig ebenfalls unter Strafe gestellt werden. Außerdem will die Bundesregierung durchsetzen, dass nicht mehr nur die Billigung begangener oder versuchter Straftaten nach § 140 StGB vom Tatbestand erfasst wird, sondern auch solche, die nur geplant oder das bloße Produkt hirnrissiger Spinnereien sind. Auch diese Vorschrift ist ein juristisch dehnbarer Gummi, der viele Diskussionsteilnehmer in sozialen Netzwerken verunsichern und nicht selten veranlassen wird, sich mit kritischen Äußerungen zurückhalten.

Sollte die Gesetzesvorlage der Bundesregierung tatsächlich vom Parlament beschlossen werden, würde das nicht nur eine Beschneidung des Datenschutzes der Bürger bedeuten, sondern auch eine gravierende Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet zur Folge haben. Denn die neuen Regelungen und insbesondere die Meldung (vermeintlich) rechtswidriger Inhalte an das BKA bei gleichzeitiger Erweiterung des Straftatenkataloges und einer Verschärfung der Strafandrohung bewirken einen enormen Einschüchterungseffekt.

Viele Menschen werden sich künftig aus Angst vor staatlichen Repressionen nicht mehr frei im Internet äußern oder sich ganz von politischen Debatten in sozialen Netzwerken fernhalten.

Genau das dürfte der Zweck des Gesetzes sein, das sich, wie bereits der Name deutlich macht, vorrangig gegen »rechte« Internetnutzer richtet. Sie sollen aus dem Diskurs ausgegrenzt und mundtot gemacht werden, um so der linken Hegemonie auch im Netz zum Durchbruch zu verhelfen. Nun wird klar, warum Presse und TV bislang kaum über das Gesetzesvorhaben berichtet haben. Die dort Verantwortlichen stören sich schon lange daran, dass ihr Meinungsmonopol durch alternative Online-Medien in Frage gestellt wird und ihre Auflagen bzw. Reichweiten sinken. Das neue Gesetz dürfte ihnen deshalb durchaus gelegen kommen.

Die staatlichen Eingriffe in fundamentale Grundrechte der Bürger im »Kampf gegen Rechts« nehmen immer bedrohlichere Ausmaße an, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon Notiz nimmt.

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Mittwoch, 26.02.2020