Edgar Mayer und Thomas Mehner

Neues zum thüringischen Jonastal-Gebiet: Gewaltige Drei-Etagen-Anlage im Untergrund

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Wir schreiben das Jahr 2021. Mehr und mehr wird deutlich, dass die westliche Welt, wie wir sie einst kannten und die dereinst als Ruhepol der globalen Politik galt, langsam aber sicher an Macht verliert und ins Chaos abzurutschen droht – die Ereignisse in Afghanistan sind nur ein aktuelles Beispiel für zahlreiche Entwicklungen, die in den vergangenen Jahren aus dem Ruder gelaufen sind.

Ein wesentlicher Grund hierfür ist der Umstand, dass Kulturen aufsteigen und untergehen, weil der Mensch seit Jahrtausenden der ist, der er ist (trotz aller [Um-]Erziehungsversuche), und in der Regel nichts bis wenig aus seiner Geschichte lernt beziehungsweise diese allzu oft in wahrheitswidriger Form (Stichwort: Siegergeschichtsschreibung) verbreitet. Wie aber soll man zu tragfähigen Erkenntnissen hinsichtlich der Gestaltung der Gegenwart und Zukunft gelangen, wenn diese auf falschen »Wahrheiten« beruhen?

Ein in dieser Hinsicht besonders brisantes Thema ist die seit Jahrzehnten nicht abebben wollende Diskussion in Bezug auf das thüringische Jonastal und sein Umfeld. Bis heute haben staatliche Institutionen und amtlich bestallte Historiker wenig Interesse gezeigt, die Vorgänge bis zum Kriegsende Anfang Mai 1945 zu untersuchen und aufzuarbeiten – wenn man einmal von der Darstellung des Schicksals derjenigen Häftlinge, die auf sogenannte Todesmärsche geschickt wurden, absieht.

Fakt ist: Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war dieser Bereich Thüringens ein vor allem unterirdisch installierter Hochtechnologiesektor, und auch danach – bis 1958 – wurde durch die Sieger dort weiter produziert. Was und in welchem Umfang in diesem Areal während des Krieges hergestellt wurde, löst immer wieder Spekulationen aus, die mit deutschen Geheim- und Sonderwaffenentwicklungen verbunden sind, die jenseits der bekannten V1 und V2 lagen und vor allem die deutsche Atombombe und ein mehrstufiges neues Raketensystem betreffen.  Von diesen Wunderwaffen der zweiten Generation versprach sich die Führung des Deutschen Reiches den immer wieder propagierten Endsieg.

Man könnte als Beobachter in den zurückliegenden 2 Jahren zu der Auffassung gelangt sein, dass in dieses Thema und auch in das Jonastal und sein Umfeld Ruhe eingekehrt sei. Doch der Schein trügt: Die Ereignisse um Covid-19 und das daraus folgende Regierungs-, Behörden- und Maßnahmenchaos sorgten dafür, dass bestimmte Einzelpersonen und Gruppierungen nun noch ungestörter als bisher ihren (Vor-Ort-)Recherchen nachgehen konnten.

Sie sahen seltsam aus und irrten ziellos umher …

Manche dieser Zeitgenossen suchten sehr konkret nach bestimmten Dingen, während andere – mitunter seltsam gewandet – im Gelände umherzuirren schienen, da sie offensichtlich die Orientierung verloren hatten. Wir meinen daher, dass in Zeiten der allgemeinen Dunkelheit einmal ein kleines Lichtlein entzündet werden sollte, um den Suchenden den Weg zu weisen. Nachfolgend möchten wir daher eine kleine Auswahl von Bereichen aufzeigen, in denen sich nachweislich größere Untertageanlagen befinden, von denen manche nichts oder nur ansatzweise mit den bekannten, 1944/45 errichteten Stollen 1–25, vor denen heutzutage die meisten Interessierten auszumachen sind, zu tun haben.

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[Abbildung 1: Blick auf einen Teilbereich des Kalksteinhangs im Jonastal, in den 1944/45
die bekannten Stollen eingebracht wurden, Bildquelle: KOPP Report / © Thomas Mehner.]

Wir haben dazu in der beigefügten Karte (Abbildung 2) fünf mit den Ziffern 1, 2, 3, 4 und 5 versehene Rechtecke eingetragen. Was die Rechtecke mit den Nummern 2–5 betrifft, so wollen wir hierzu nur ganz allgemein feststellen, dass unter den betreffenden Arealen so manche Untergrundanlage installiert wurde. Oberflächlich betrachtet scheint es dort nur forst- und landwirtschaftlich genutzte Flächen zu geben. Doch der Schein trügt: Der Untergrund hat es in sich!

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[Abbildung 2: Karte, die den Bereich Großer Tambuch (Truppenübungsplatz Ohrdruf) – Bittstädt – Jonastal – Arnstadt zeigt. Die zusätzlich von den Autoren eingezeichneten und nummerierten Rechtecke markieren jene Areale, unter denen kleine und große Untertageeinrichtungen entstanden, Bildquelle: © GDI-Th.]

Besonders interessant ist der Rechteckbereich 1, der den Geländeabschnitt der bekannten Jonastalstollen, die bei Kriegsende installiert wurden, ebenso umfasst wie Teile des Truppenübungsplatzes Ohrdruf und bis an das nördlich gelegene Dorf Bittstädt heranreicht. Ihn wollen wir gleich etwas genauer betrachten.

Zuvor ein kleiner Exkurs: Natürlich ist uns bekannt, dass von offizieller Seite immer wieder, beinahe gebetsmühlenartig, behauptet wird, in dem Gebiet sei nichts beziehungsweise die bekannten Jonastalstollen seien niemals fertig geworden und in ihrem Zweck genau genommen ungeklärt. Ebenso gern wird darauf verwiesen, dass hier möglicherweise ein Führerhauptquartier entstehen  sollte. Wobei wir hinzufügen wollen, dass wir über diese Erklärungsvariante nur müde lächeln können: Ein Führerhauptquartier in einem Tal (?!), wo doch sonst alle Feldherren der Geschichte zumindest gern in der Nähe eines Hügels – der besseren Rundumsicht wegen – zu residieren pflegten.

Laut der Aussage des SS-Standartenführer Werner Grothmann, eines engen Vertrauten des Reichsführers SS Heinrich Himmler, stellten die Stollen, zumindest teilweise, ein Zugangs- und Versorgungsbauwerk für bereits beiderseitig des Tals befindliche Untertageanlagen dar. Andere dienten der Täuschung beziehungsweise Ablenkung – und haben ihren diesbezüglichen Zweck bis heute zur vollsten Zufriedenheit der Planer erfüllt.

Betrachten wir nun anhand eines Kartenauszuges (Abbildung 3) den Rechteckbereich 1 etwas genauer. Beginnen wir dabei mit dem mit einem B gekennzeichneten Bienstein, der – das ist allen Jonastal-Enthusiasten hinlänglich bekannt – direkt im Bereich der 1944er-Stollen zu finden ist. Was allerdings die wenigsten wissen: Links und rechts vom Bienstein befindet sich eine dreistöckige, in Richtung Norden weisende große Untertageanlage, deren Zugänge mittels Luftbildern nachvollziehbar sind.

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[Abbildung 3: Auszug aus der in Abbildung 2 dargestellten Karte mit von den Autoren eingetragenen konkreten Hinweisen auf Geländeabschnitte, in denen sich Zugänge befinden, Bildquelle: © GDI-Th.]

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[Abbildung 4: Der Biensteinkopf (Bergvorsprung). Linker und rechter Hand von ihm
befindet sich im Berg verborgen die Drei-Etagen-Anlage, Bildquelle: © Thomas Mehner.]

Geheime Nuklearforschung unweit der Jonastalstraße

Und das ist noch nicht alles. Um ein weiteres konkretes Beispiel zu benennen: Nördlich vom Jonastal-Denkmal, das sich unweit der Stollen in Richtung Arnstadt direkt an der Jonastalstraße befindet und zu Zeiten der DDR zu Ehren der beim Projekt S III ums Leben gekommenen Häftlinge errichtet wurde, befand sich einst der Eingang in eine Höhle. Diese hatte rein gar nichts mit den 1944er-Stollen zu tun, sondern wurde schon ab dem Jahr 1935 (!) benutzt, um in ihr eine kernphysikalischen Zwecken dienende Fabrik einzurichten, die denn auch bis 1945 in Betrieb war. Diese natürliche Höhle, deren Abmaße uns geläufig sind, wurde durch den seinerzeit sehr bekannten Thüringer Geologen Prof. Ernst Zimmermann (1860–1944) gegenüber der Reichswehr respektive den Nationalsozialisten zur Nutzung aufgezeigt. Der (erste) Eingang, der in diese Höhle führt, liegt unterhalb der Ebene der bekannten Stollenanlagen.

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[Abbildung 5: Das Denkmal im Jonastal. Hinter ihm befindet sich, im Kalksteinhang
gelegen, die Höhle, Bildquelle: picture alliance / imageBROKER | hwo.]

Betrachten wir nun Punkt A, etwa 160 Meter nordwestlich des Biensteins beziehungsweise Biensteinkopfes, gelegen. An dieser Stelle befindet sich ein Untertage-Raketenbunker – und er ist noch voll ausgestattet. Was sich in ihm befindet? Die notwendige Technik, um eine Rakete mit der Bezeichnung A5 herzustellen. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit sind auch dort noch fertiggestellte Raketen vorhanden.

Punkt C stellt den südlichen Zugang zur erwähnten dreistöckigen Untertageanlage dar, die linker und rechter Hand des Biensteins liegt und, um es nochmals zu betonen, nichts mit derjenigen Stollenanlage zu tun hat, die ab November 1944 errichtet wurde. Der Zugang befindet sich – damit die Suche nicht zu einfach wird – auf der gegenüberliegenden Seite der Jonastalstraße und führt niveaumäßig unter der 1944er-Stollenanlage hindurch.

Die mit D, E und F bezeichneten Geländepunkte sind die nördlichen Zugänge zu der Drei-Etagen-Anlage. Sie liegen niveaumäßig betrachtet über der 1944er-Stollenanlage und wurden auch als Baustollen verwendet, um den Innenausbau des dreietagigen Untergrundsystems zu realisieren. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass diese drei Zugänge heute in gefährlicher Nähe zu dem Kieswerk liegen, das sich in der Nähe Bittstädts befindet und erst zu BRD-Zeiten installiert wurde.

Die westlichen, auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Ohrdruf liegenden Hauptzugänge zu der gesamten Anlage befinden sich an den Punkten, die jeweils mit einer Null (0) gekennzeichnet sind, also nördlich des Areals, das die Bezeichnung »Rote Hütte« trägt. Gebildet werden sie durch zwei große Stolleneingänge, die später sach- und fachgerecht getarnt wurden. Die Hauptbaumaßnahmen für die Drei-Etagen-Anlage wurden von hier aus ausgeführt. Luftbilder belegen das: Sie zeigen in die Stollen einfahrende Kraftfahrzeuge.

Von ganz anderer Bedeutung scheint der mit einem R versehene Punkt zu sein. An dieser Stelle soll vor nicht allzu langer Zeit Radioaktivität gemessen worden sein – mit einem nicht unbeträchtlichen Wert von mehreren Hundert Mikrosievert pro Stunde! Zumindest wusste dies Tino von Struckmann aus Santa Monica, US-Bundesstaat Kalifornien, zu berichten. Normalerweise werden im Bereich des Jonastals 0,12–0,18 Mikrosievert pro Stunde gemessen.

Es ist schon erstaunlich, dass es so viele interessante Hinweise und Merkwürdigkeiten in einem durchaus überschaubaren Gebiet gibt, von dem offiziellerseits behauptet wird, dass dort nichts existiere außer den baulichen Überresten einer geplanten Stollenanlage, die unter SS-Regie stand, aber nie fertig wurde, und dennoch seit Jahrzehnten für Diskussionen sorgt. Es wird Zeit, die Dinge umfassender, größer zu sehen – und zu präzisieren. Vor Ort liegt eines der größten Rätsel der Zeitgeschichte, das Beweise für die These erhält, dass die Sieger des Zweiten Weltkrieges das Wettrennen um die Atombombe verloren. Wann werden diese Beweise ans Tageslicht geholt? Wann gedenkt man die Geschichtsschreibung so darzustellen, wie sie sich in Wahrheit ereignet hat?

Oder wollen die Kräfte, die einst die Vertuschung beschlossen, diese ein weiteres Dreivierteljahrhundert fortführen?

Wie immer man diese Fragen auch beantworten mag, wir werden unseren Teil dazu beitragen, die Geschichtsschreibung zu korrigieren. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die von uns in diesem Artikel gemachten Ortsangaben zu gegebener Zeit durch die Veröffentlichung der exakten GPS-Daten präzisiert werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf diese Informationen. Sie sollte zudem wissen, dass es in dem von uns beschriebenen Gebiet eine Untertageanlage gibt, die noch aktiv ist. Darüber werden wir demnächst in unserem Informationsdienst Unter Verschluss berichten.

Bestellinformationen:

» Informationsdienst Unter Verschluss (Ausgabe Juli/August 2021), 7,95 Euro – hier bestellen!

Montag, 30.08.2021