Max Lindauer
Politisch korrekte Witze. Oder: Worüber dürfen wir noch lachen?
Wann darf der politisch korrekte Gutmensch eigentlich noch lachen? In der Regel nur, wenn entweder Donald Trump oder Politiker der AfD Witzobjekte sind.
Warum lachen wir über Witze – oder warum schmunzeln wir zumindest darüber? Neurologen, Psychologen, Sprachwissenschaftler, Soziologen und Philosophen haben sich über diese Frage schon ihre intelligenten Köpfe zerbrochen. Sogar Platon und Aristoteles sollen über die Wirkung von Witzen philosophiert haben. Und Sigmund Freud widmete den Witzen ein umfangreiches Buch (Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten). Seine These: »Der Witz … ist die sozialste aller auf Lustgewinn zielenden seelischen Leistungen. Das Lachen gehört zu den im hohen Grade ansteckenden Äußerungen psychischer Zustände«.
Die Wissenschaft kam zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich des Witzes. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Widersinn, der uns zum Lachen bringt. Freud erzählt in seinem Buch ein Beispiel: »Ein Schnorrer begegnet auf der Treppe im Haus eines reichen Mannes einem Genossen im Gewerbe, der ihm abrät, seinen Weg fortzusetzen. ›Geh heute nicht hinauf. Der Baron ist schlecht aufgelegt; er gibt niemand mehr als einen Gulden‹. ›Ich werde doch hinaufgehen‹, sagt daraufhin der erste Schnorrer. ›Warum soll ich ihm einen Gulden schenken? Schenkt er mir was?‹.«
Eine andere Witze-Theorie besagt ganz schlicht, dass der Witz eine besondere Variante der Schadenfreude darstellt. Tatsächlich soll schon Platon diese These vertreten haben. Was dahintersteckt, erläutert die Neurologin und Psychiaterin Barbara Wild: »Man erhebt sich über das Witzobjekt und fühlt sich dadurch besser«.
Auf das Witzobjekt kommt es an
In Zeiten, da die politische Korrektheit schon einem Kreuzzug gleichkommt, hängt die Akzeptanz eines Witzes in hohem Maße vom Witzobjekt ab. Im Internet finden sich zum Beispiel zahlreiche absolut geschmacklose Witze über Donald Trump und die AfD. Über die darf der politisch korrekte Mensch durchaus lachen, denn diese Witzobjekte werden bekanntlich nicht von der politischen Korrektheit geschützt. Im Gegenteil, es ist durchaus politisch korrekt, den amerikanischen Präsidenten als Vollidioten und die AfD als Ansammlung von rassistischen »Halbnazis« zu diffamieren. Witze über Migranten oder Islamisten zu reißen, erscheint hingegen sogar an Stammtischen tabu, an denen es ansonsten eher deftig zugeht.
Hier ein paar besonders geschmacklose Beispiele: Was ist der Unterschied zwischen einem AfD-Politiker und einem Telefonhörer? Antwort: Einen Telefonhörer kann man aufhängen, wenn man sich verwählt hat. Über die Tötung eines Menschen Witze zu machen, ist ansonsten absolut tabu, selbst wenn dieser Witz auf der Doppeldeutigkeit des Wortes »aufhängen« beruht. Wenn aber AfD-Politiker als Witzobjekte dienen, dann ist scheinbar alles erlaubt. Blanker Hass wird in angeblichen Humor gekleidet. Nun muss in diesem Witz nur der »AfD-Politiker« durch Angela Merkel ersetzt werden, und man erkennt den Unterschied zwischen einem politisch korrekten und einem politisch unkorrekten Witz.
Allerdings – das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt – gibt es unter den nicht wenigen humorbefreiten Gutmenschen auch jene, die Witze über die AfD ausdrücklich ablehnen. Dazu gehört der Moderator, Schauspieler und singende Gutmensch Klaas Heufer-Umlauf. Er warnte in einem Interview mit dem Zeit-Magazin davor, Witze über die AfD zu machen. Denn: »Jeder Witz verharmlost die AfD«. Sie sei nämlich eine »furchtbare und rassistische Partei«. Vermutlich war das kein Witz. Und falls doch, dann war es ein schlechter.
Die politisch-korrekte Meute hat im Übrigen keinerlei Hemmungen, ganz öffentlich und zum Teil sogar zu offiziellen Anlässen geschmacklose Witze über ihre Hassobjekte zu reißen. Ein besonders abstoßendes Beispiel hierfür war vor einiger Zeit der Auftritt der sogenannten Komikerin Michelle Wolf beim Korrespondenten-Dinner in Washington. Neben einigen als Witze getarnten Beleidigungen von US-Präsident Trump nahm sie auch dessen Tochter Ivanka ins Visier ihrer Hasstiraden. Sie verglich sie mit einem Windeleimer. Beide hätten eine glänzende Oberfläche, seien aber voller Fäkalien. Auch hier muss man lediglich Ivanka Trump durch Michelle Obama ersetzen, um zu erkennen, was als politisch korrekt durchgeht und was nicht.
Der »Neger-Witz« des Landeshauptmanns
Wer politisch nicht korrekte Witze erzählt, muss mit einem regelrechten Shitstorm rechnen, wie es dem früheren Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler passiert ist. In einer Pressekonferenz im Vorfeld der ORF-Volksmusik-Show Wenn die Musi spielt in Bad Kleinkirchheim erzählte der Politiker bei der Begrüßung von Roberto Blanco folgenden Witz: Eine ›Negermama‹ und eine weiße Mutter sitzen im Zug von Klagenfurt nach Wien und stillen ihre Babys. Das weiße Baby hört plötzlich auf zu trinken, zeigt auf das Negerbaby und sagt: »Mama, ich möchte auch Kakao«. Was dann ausbrach, war ein politischer Wirbel, wie ihn Kärnten selten erlebt hat. Dörfler wurde abwechselnd als Rassist und als peinliche Witzfigur beschimpft, für die man sich schämen müsse. Rücktrittsforderungen wurden laut. Vermutlich würde man heute sogar Sigmund Freud wegen seines »Schnorrer-Witzes« als rassistisch beschimpfen.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
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