F. William Engdahl

US-Regierung unterstützt radikale neue Methoden der Genmanipulation

Die Regierung der USA stellt sich bedingungslos hinter eine neue Technik der Genmanipulation und erklärt, sie habe nicht die Absicht, die Methode, mit deren Hilfe sich die Gene von Pflanzen und sogar Tieren manipulieren lassen, zu beaufsichtigen oder zu regulieren. Doch diese neue Technologie könnte eine Büchse der Pandora öffnen, die der Menschheit auf Generationen hinaus massive Probleme beschert. Und dennoch ist diese dramatische Entwicklung fast überhaupt kein Gesprächsthema.

Genomchirurgie oder auch Genom-Editierung heißt der neue Ansatz, von dem hier die Rede ist. Er wird beworben als »neue, verbesserte« Methode, um die Genexpression von Pflanzen, Tieren und sogar Menschen zu beeinflussen. Auf der TED-Konferenz (TED=Technology, Entertainment und Design) in London 2015 präsentierte die Genforscherin Jennifer Doudna CRISPR-Cas9. CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats. Bei dieser revolutionären, aber auch hoch umstrittenen Plattform zur Genmanipulation kommt Cas9 zum Einsatz, ein aus Bakterien gewonnenes Eiweiß. Angeblich ermöglicht es diese Methode den Genforschern erstmals, die DNA-Doppelhelix an einer ganz präzisen Stelle innerhalb eines Genoms anzuvisieren und zu brechen.

Weiterverbreitung der Genmanipulation

CRISPR ist eine angeblich höchst präzise Methode, Gene zu verändern, und zwar in Pflanzen, Tieren und auch im Menschen. CRISPR unterscheidet sich sehr von der alten »Genkanone« Monsantos oder anderen Methoden, die Genexpression einer Pflanze zu verändern, indem man sie mit einer Substanz wie dem Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) beschießt und darauf hofft, Sojabohnen oder Genmais auf diese Weise resistent gegen Roundup zu machen, das Pflanzenvernichtungsmittel von Monsanto.

Dieser Weg stellt eine technisch sehr anspruchsvolle und sehr kostenintensive Methode dar, die patentrechtlich geschützt und dermaßen komplex ist, dass gerade einmal eine Handvoll Firmen weltweit sie nutzen. CRISPR und ähnliche Plattformen zur Genmanipulation hingegen sind im Vergleich dazu billig (die entsprechende Ausrüstung findet sich online ab etwa 500 Dollar) und leicht zu verwenden. Ein Analyst schrieb über CRISPR: »Es handelt sich um ein sehr präzises, dabei außerordentlich günstiges und einfach nutzbares Werkzeug, das jede gewünschte DNA-Sequenz in einer lebenden Zelle lokalisieren, schneiden, deaktivieren, aktivieren oder umschreiben kann.«

Wichtig sind hier die Passagen »günstig und leicht zu verwenden« sowie »kann jede gewünschte DNA-Sequenz lokalisieren, schneiden, deaktivieren, aktivieren oder umschreiben…«. Tatsächlich ist es beunruhigend billig, CRISPR und ähnliche Materialien zur Genmanipulation zu kaufen, die Kosten belaufen sich auf einige hundert Dollar bis hin zu mehreren tausend. Die Gerätschaften lassen sich online bei Herstellern von Medizintechnik bestellen. Auf einer Website heißt es in der Werbung: »CRISPR-Cas9-Editieren leicht gemacht … Unsere leicht zu verwendenden, optimierten und bewährten Lösungen umfassen den gesamten Zelleditier-Workflow und machen so Geneditieren für alle auf allen Ebenen zugänglich.«

Ein Kritiker sagte: »Jeder kann sich für ein paar hundert Piepen Cas9 kaufen, und jedes halbwegs anständige Labor kann es dazu verwenden, die DNA von allem möglichen zu verändern …«.

Thema nationale Sicherheit

Die Forschungsabteilung des Pentagons (DARPA) gibt Millionenbeträge für die Forschung an Genom Editierung aus. 2016 setzte Obamas nationaler Geheimdienstdirektor James Clapper Genomchirurgie auf die Liste der Bedrohungen, die »Massenvernichtungswaffen und ihre Weiterverbreitung« darstellen. Im Juli 2017 vergab DARPA Vier-Jahres-Kontrakte im Gesamtwert von 65 Millionen Dollar an sieben Forschungsteams. Ihre Aufgabe: an Methoden der Genom-Editierung zu forschen. Damit stieg DARPA weltweit zum offiziell größten staatlichen Förderer von »Genantrieb«-Forschung auf.

Genantrieb ist das nächste große Feld in der neuen Genwelt. Dahinter steht die Vorstellung, eine Genveränderung innerhalb weniger Generationen und innerhalb einer ganzen Population zu verbreiten. Omar Akbari von der University of California in Riverside ist einer der führenden Forscher im Bereich Genantrieb und wird finanziell von DARPA unterstützt. Er arbeitet mit der für den Menschen angeblich todbringendsten Kreatur der Welt – der Stechmücke Aedes aegypti.

Zu seiner Arbeit gehört es, in die Gene des tödlichen Moskitos einen »Selbstmord-Schalter« einzubauen. Das klingt doch nach einem noblen Vorhaben, nach einem Gewinn für die Menschheit, nach bestimmt einer Million Menschenleben, die jährlich gerettet werden, oder? Genauso wie zuvor der genmanipulierte »goldene Reis« als Lösung für Blindheit bei Kleinkindern angepriesen wurde. Doch Genom-Editierung ist beileibe nicht so perfekt, wie uns eingeredet wird.

Es war der Harvard-Biologe Kevin Esvelt, der als erster Wissenschaftler anregte, bei der Genom-Editierung mit Genantrieb zu arbeiten. Mittlerweile jedoch warnt Esvelt davor, dass Genom-Editierung im Zusammenspiel mit Turbolader-Genantrieb-Technologien ein sehr großes Potenzial birgt, schrecklich schiefzugehen. Er verweist darauf, wie oft CRISPR Fehler verursacht und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass es zu Schutzmutationen kommt, die dafür sorgen, dass auch gut gemeinter Genantrieb in erbarmungslose Aggressivität umschlägt. »Nur einige wenige genmanipulierte Organismen reichen aus, ein Ökosystem unwiederbringlich zu verändern«, warnt Esvelt. Seine Computersimulationen ergaben, dass ein manipuliertes Gen sich »schon innerhalb von zehn Generationen auf 99 Prozent der Population ausbreiten kann und für über 200 Generationen anhält«.

Es braucht nur wenig Fantasie, um sich ein Szenario vorzustellen, bei dem bösartige Parteien, die auf Zerstörung aus sind, aggressive genmanipulierte Pflanzen oder Tiere (oder sogar Menschen) freisetzen. Genmanipulationen vorzunehmen war bislang dermaßen komplex und kostspielig, dass es sich nur einige wenige Akteure wie Monsanto oder Syngenta erlauben konnten. Die ließen sich ihr genmanipuliertes Saatgut dann auch patentieren. Wenn Genomchirurgie jetzt bequem und überall zur Verfügung steht, öffnet sich die Büchse der Pandora erschreckend weit.

US-Ministerium gibt grünes Licht

Die US-Regierung und das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) stehen dieser Technologie mit ihrem Potenzial für massive Schäden nicht etwa mit äußerstem Argwohn und dem Wunsch nach Kontrolle gegenüber. Stattdessen entscheiden sie sich dafür, das ganze Feld völlig unreguliert zu lassen. Diese unbesonnene »Wir winken alles durch«-Haltung führt dazu, dass Pflanzen, die genomchirurgisch behandelt wurden, ganz genauso wie herkömmliche Pflanzen eingestuft werden und demzufolge keinerlei spezielle Regulierung erforderlich ist. Landwirtschaftsminister Sonny Perdue teilte am 28. März mit: »Das USDA reguliert keine Pflanzen, die ansonsten durch traditionelle Zuchttechniken hätten hergestellt werden können, und hat auch keine Pläne für eine derartige Regulierung… Darunter fällt auch eine Reihe neuer Techniken, die Pflanzenzüchter verstärkt einsetzen, um neue Pflanzenvariationen zu produzieren. Ein Beispiel ist die Genom-Editierung …«

Organismen zur Massenvernichtung

Wir haben auf der einen Seite also die amerikanischen Geheimdienste, die genetisch veränderte Organismen und damit im Zusammenhang stehende Technologien als mögliche Massenvernichtungswaffen einstufen. Gleichzeitig stellen sich die Sparten der US-Regierung, die für Lebensmittelsicherheit zuständig sind, blind. Kritiker sagen: »Wir könnten imstande sein, je nach Lust und Laune ganze Spezies auszulöschen… Wir könnten dies möglicherweise allen Spezies antun, mit denen wir uns nicht mehr auseinandersetzen wollen …«

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Kopp Exklusiv.
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einem Abo, falls Ihnen dieser Beitrag gefallen hat.