Torsten Groß
Zensierter SPD-Skandal: Parteivize Stegner zum kalten Putsch gegen Vizekanzler bereit
Der seit 2014 amtierende stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, Ralf Stegner (60), war von 2003 bis 2005 Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein und bekleidet seit 2008 als Vorsitzender der SPD-Fraktion den Posten des Oppositionsführers im nördlichsten Landtag der Republik. Jetzt hat Stegner einen Anruf vom designierten SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans erhalten – zumindest glaubte er das – der mit ihm eine Art »Strategiegespräch« zur anstehenden Parteiversammlung geführt hat. Was die beiden besprochen haben, offenbart nicht nur die Schäbigkeit innerhalb der Politik, sondern entlarvt ein weiteres Mal die bundesdeutsche Medienlandschaft, die ihren Konsumenten diesen handfesten Skandal im Vorfeld des wichtigen sowie wegweisenden SPD-Parteitags lieber vorenthält.
Der zum äußerst linken Parteirand zählende Stegner äußert sich regelmäßig laut und direkt zu tagespolitischen Themen und keilt nicht selten gegen AfD-Politiker aus – bevorzugt via Twitter –, was ihm im Netz den Spitznamen »Pöbel-Ralle« beschert hat. An Selbstbewusstsein mangelt es Stegner zwar nicht, dass sich jedoch der künftige SPD-Chef Norbert Walter-Borjans per Handy bei ihm meldet, war dann wohl doch eine Überraschung für den langjährigen SPD-Politiker.
Der designierte SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, kurz NoWaBo genannt, wird wegen des umstrittenen Ankaufs gestohlener Daten-CDs aus der Schweiz während seiner Amtszeit als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen bis heute in weiten Teilen der Medien als »Robin Hood vom Rhein« gefeiert.
Dass NoWaBo eine für den NRW-Steuerzahler sündhaft teure Schulden-Bilanz zu verzeichnen hat, wird hingegen nur am Rande thematisiert.
Und dass unter der Regentschaft von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen ausgeschiedenen Kabinettsmitgliedern mit Billigung von NoWaBo Luxuspensionen zugeschanzt wurden, fällt gänzlich unter den Tisch.
Am Mittwochabend gegen 19.30 Uhr meldete sich dann NoWaBo, der wie Stegner dem linken Spektrum seiner Partei zugerechnet wird und im abgelaufenen Machtkampf um den SPD-Vorsitz noch sein Konkurrent war, per Handy bei seinem Parteifreund »Pöbel-Ralle«.
Er habe mit Saskia Esken gesprochen und man sei sich darüber einig, dass mit der Neuwahl der SPD-Führung auch ein klares Zeichen nach außen in Form einer strategischen Änderung für einen Neuanfang einhergehen müsse, ließ NoWaBo seinen unterlegenen Konkurrenten unvermittelt wissen. Wenn man schon in der Großen Koalition (GroKo) verbleibe, wofür er sich aussprechen würde, dann mit verändertem Personal. Und was wäre symbolträchtiger für einen Neustart, als den Vizekanzler auszutauschen.
Dann wurde der Anrufer noch konkreter:
Ob sich der amtierende SPD-Vize Stegner vorstellen könne, neuer Vizekanzler (und entsprechend Finanzminister) zu werden, fragte er seinen linken Parteifreund. Er sei sich mit seiner künftigen Co-Vorsitzenden Esken und Kevin Kühnert sowie Karl Lauterbach darüber einig, dass man den Posten mit einer »bekannten, progressiven Stimme« neu besetzen müsse, erklärte ihm NoWaBo.
Nach dem darauffolgenden Satz:
»Und da haben wir an Dich gedacht, was hältst Du davon?»,
wurde es kurz still am anderen Ende der Leitung.
Er müsse erst darüber nachdenken und mit seiner Frau sprechen, antwortete der verblüfft wie geschmeichelt wirkende Stegner, bevor er dazu weiter wissen ließ:
»Aber Erfahrung als Finanzminister habe ich. Und vorstellen kann ich mir das«.
Was der verblüffte wie geschmeichelte Stegner wohl nicht geahnt hat: Bei dem Anrufer handelte es sich nicht um Norbert Walter-Borjans, sondern um den YouTuber Klemens Kilic, der Stegners Nummer gewählt hatte. Kilic, der vor wenigen Monaten bereits die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg erfolgreich aufs Korn genommen hatte, führte das Gespräch vor laufender Kamera und machte es anschließend öffentlich:
Während ihrer Bewerbung um den Parteivorsitz hatten Walter-Borjans und Saskia Esken den Eindruck erweckt, mit ihnen in der Führung würde die SPD die GroKo verlassen. Jetzt aber kristallisiere sich nach und nach heraus, dass »außer ein paar kleiner kosmetischer Veränderungen alles beim Alten bleiben« solle, so begründete der forsche YouTuber seinen Anruf bei Stegner. Und genau diese Vorgehensweise habe er mit dem öffentlich gemachten Telefonat torpedieren wollen.
Weitere Beweggründe hat Klemens Kilic in einem Gespräch mit dem YouTuber und Mitbegründer des liberal-konservativen Nachrichtenportals 19vierundachtzig.com, Oliver Flesch, ausführlich dargelegt.
Besonders bezeichnend an diesem außergewöhnlichen Vorgang ist die bisher auffällige Stille der bundesdeutschen Medien zu diesem veritablen Polit-Skandal im Vorfeld der heute startenden Parteiversammlung der Sozialdemokraten!
Nahezu unisono informiert der Mainstream seine Leser heute lediglich darüber, dass Stegner der SPD »keine roten Linien für die GroKo vorgeben wird« (siehe hier, hier, hier, hier, hier oder hier).
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Freitag, 06.12.2019