Torsten Groß

Russische Kohleexporte machen EU-Klimapoliltik zur Farce

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»Tiempo de actuar« [»Zeit zu handeln«]. So lautet das Motto der 25. UN-Klimakonferenz (COP 25), die vom 2. bis 13. Dezember in Madrid stattfindet. Klimaschützer erhoffen sich klare Signale von den teilnehmenden Staaten, ihren Kohlendioxid-Ausstoß drastisch zu reduzieren, den sie für die Erwärmung der Erde verantwortlich machen. Die bisherigen Anstrengungen reichten bei weitem nicht aus, um das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ziel zu verwirklichen, den globalen Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 auf »deutlich unter zwei Grad« gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen.

Wird nicht mehr getan, so die Prognose des Weltklimarates IPCC, werde sich die globale Durchschnittstemperatur bis zur Jahrhundertwende um fast vier Grad erhöhen, was katastrophale Folgen für Mensch und Umwelt hätte. Das deutsche Umweltbundesamt, eine Unterbehörde des SPD-geführten Umweltministeriums, warnt alarmistisch »vor der größten Naturkatastrophe in Deutschland in den vergangenen 50 Jahren«, die Hitze, Überschwemmungen und Ernetausfälle zur Folge haben werde.

Ein Jahr vor dem offiziellen Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens haben sich aber erst 66 der verbliebenen 196 Unterzeichnerstaaten bereiterklärt, ihre Klimaziele nachzubessern. Diese Länder stehen für gerade einmal acht Prozent der weltweiten CO2-Produktion. Der größte Emittent China hält sich ebenso wie Indien (Platz 3) mit Zusagen zurück. Die Vereinigten Staaten (Platz 2) haben die Vereinbarung aufgekündigt. Die Hoffnungen der UNO richten sich deshalb auf die Europäische Union, die als klimapolitischer Musterschüler in die Geschichtsbücher eingehen will.

Erst in der vergangenen Woche hat das Europäische Parlament medienwirksam den »Klimanotstand« für Europa ausgerufen. Gleichzeitig proklamierte die neue EU-Kommission mit der Deutschen Ursula von der Leyen an der Spitze, das Ziel, Europa bis 2050 zum ersten »klimaneutralen Kontinent« der Welt zu machen und dafür Billionen von Euro ausgeben zu wollen – größtenteils finanziert aus den Taschen der europäischen Steuerzahler.

Es ist allerdings fraglich, ob die EU ihr ehrgeiziges Ziel erreichen wird. Schon jetzt regt sich Widerstand in den Reihen der Mitgliedsstaaten gegen die Pläne der Kommission. Außerdem wird in der laufenden Debatte einmal mehr übersehen, dass der europäische Kontinent nicht nur die EU, sondern weitere Nationen umfasst, darunter Russland.

Mit einem Anteil von 4,6 Prozent sind die Russen nicht nur der viertgrößte Emittent von Kohlendioxid weltweit, sondern auch der drittgrößte Exporteur von Kohle, dem Energieträger also, der als bedeutendster »Klimakiller« verdammt wird. Während Deutschland beschlossen hat, bis spätestens 2038 vollständig aus der Kohleverstromung auszusteigen und wenig später auch den Braunkohletagebau einzustellen, will Russland mehr Kohle fördern und exportieren, um seine Weltmarktposition ausbauen.

Das hat Präsident Putin bereits 2018 angekündigt.

Zu diesem Zweck wird die Kohleausfuhr vom Staat mit etwa 30 Milliarden Euro subventioniert. Das macht den Einsatz dieses Rohstoffs zur Energieerzeugung für die Abnehmer preislich attraktiv.

Die russische Billigkohle trägt wesentlich dazu bei, dass in Asien Woche für Woche neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen. Rund 80 Prozent der weltweit geförderten Steinkohle werden in asiatischen Staaten verbrannt.

Zum Vergleich: In der EU, noch immer stärkster Wirtschaftsraum der Welt, sind es gerade einmal 5 Prozent.

Mit seiner aggressiven Exportpolitik egalisiert Russland innerhalb eines einzigen Jahres die gesamte Menge an CO2, die durch den deutschen Kohleausstieg eingespart wird. Gleichzeitig hintertreibt die preiswerte russische Kohle den Umstieg auf die vergleichsweise teuren alternativen Energien Sonne und Wind in Asien. Dass die russische Regierung ihre Strategie im Interesse des Klimaschutzes ändern wird, ist wenig wahrscheinlich. Denn das Land verfügt über gigantische Reserven sowohl an Stein- als auch an Braunkohle. Die Einnahmen aus dem Verkauf dieser Bodenschätze sind ein wichtiger Baustein, um die von Moskau angestrebte politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Westen in Reaktion auf die nach der Krim-Annektion verhängten Sanktionen zu verwirklichen.

Russland ist aber nur ein Akteur im weltweiten Kohlegeschäft. Der größte Exporteur von Steinkohle ist Australien, gefolgt von Indonesien, die zusammen für knapp 55 Prozent der Ausfuhren verantwortlich zeichnen. Der Absatz floriert: Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IAE) bauen 20 Länder in Nahost, Mittelamerika, Asien und Afrika ihre Kohleverstromung aus. Weltweit sind 1.600 neue Kohlekraftwerke in Bau oder in Planung. Allein in China ist die Kraftwerkskapazität seit Januar 2018 um rund 40 Gigawatt erweitert worden, was der Leistung entspricht, die durch den deutschen Kohleausstieg bis 2038 vom Netz genommen wird. Weitere 120 Gigawatt sollen im Reich der Mitte zugebaut werden. Das ist nur unwesentlich weniger als die gesamte derzeit in der Europäischen Union verfügbare Kapazität. Weltweit ist der Anteil der Kohle an der Energieerzeugung seit 1990 um drei Viertel gestiegen.

Diese Zahlen machen klar:

Ein »klimaneutrales« EU-Europa, das die Politik in Brüssel und Berlin bis 2050 mit horrendem Mittelaufwand und ohne Rücksicht auf gewachsene Industriestrukturen verwirklichen will, wird die Erderwärmung nicht stoppen, ja die Temperatur auf unserem Planeten nicht einmal merklich beeinflussen – wenn man überhaupt der Theorie anhängt, der Klimawandel sei maßgeblich auf den Menschen und seine Aktivitäten zurückzuführen.

Diese Theorie wird jedoch von immer mehr Wissenschaftlern und Publizisten mit ernstzunehmenden Argumenten in Frage gestellt.

Ebenso wenig werden andere Staaten folgen, wenn die EU in der Klimapolitik »mit gutem Beispiel« vorangeht, wie die Eliten in Brüssel und Berlin in grober Selbstüberschätzung meinen. Europa, politisch zerstritten und wirtschaftlich auf dem absteigenden Ast, ist nicht mehr der Nabel der Welt und für die aufstrebenden Nationen in Asien und Afrika kein Vorbild, sondern eher ein abschreckendes Beispiel.

Der irrwitzige Kurs, den die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen mit Rückendeckung der deutschen Merkel-Regierung in der Klimapolitik eingeschlagen hat, wird den Niedergang des alten Kontinents noch beschleunigen!

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Samstag, 07.12.2019